Nachdem ich neulich im Blog über unser erstes Jahr auf dem eigenen Bauernhof und das Landleben berichtet habe, heute mal ein paar Gedanken zu den unterschiedlichen Auffassungen zum Thema Hund in Stadt und Land. Ein paar aus dem Lieblingsrudel hatten gefragt, welche Unterschiede in der Hundehaltung ich auf dem Land festmachen kann. Das sind so einige, kann ich dir sagen…

In dem ursprünglichen Bericht über unsere Erfahrungen und Erlebnisse nach einem Jahr Landleben habe ich ja weniger in Bezug auf die Hunde gesprochen, sondern mehr allgemeine Gedanken geäußert. Aber natürlich hat sich auch für die Hunde einiges verändert und ich habe neue Einblicke in das Zusammenleben mit ihnen gewonnen. Wie die Hunde hier auf dem Land leben und welche Ansichten die jeweiligen Besitzer zum Thema Hundehaltung vertreten, verrate ich dir heute.

Der Platz der Hunde

Während es für Hunde in der Stadt das normalste der Welt ist, dass sie sich mit ihren Menschen Haus und Couch (in manchen Fällen sogar das Bett) teilen, ist für Dorfhunde meist der Hof der Platz, an dem sie sich am meisten aufhalten. Das klingt vielleicht auf den ersten Blick herzlos, weil der arme Hund bei Wind und Wetter draußen bleiben muss, aber die Hunde, die ich hier kennen gelernt habe, haben damit überhaupt kein Problem. Sicherlich liegt es daran, dass sie es nicht anders kennen. Und dennoch wirken sie glücklich auf mich.

In den meisten Fällen haben die Hunde hier auf dem Dorf eine Hütte im Hof bzw. eine Box im Stall, in die sie sich bei schlechtem Wetter zurückziehen können. Dort nächtigen sie auch gemeinsam mit den anderen Tieren, die zum Hof gehören, wie Pferde, Hühner, Gänse oder anderes Viehzeug.

Ich werde oft belächelt, denn bei uns schlafen die Hunde generell im Haus (jaahaaaa, im Bett!). Sicherlich würde Freya es auch nicht schlecht finden, im Hof zu sein. Zumindest findet sie das tagsüber wunderbar und Nachts lässt sie sich die letzte Kontrollrunde nicht nehmen, auch wenn es danach meist schnell wieder auf die Couch oder ins kuschelige Hundebett geht. Dasselbe gilt für Murdoch. Der lässt es sich nicht nehmen, uns morgens begeistert übers Gesicht zu schlecken, wenn auch nur die geringste Möglichkeit besteht, dass wir langsam wach werden könnten. Wenn die beiden draußen schlafen würden, würden wir besonders das Morgenritual vermissen, denke ich.

Wer jetzt denkt „die armen Dorfhunde“ ist schief gewickelt. Die finden das nämlich gar nicht schlimm und lieben es, tun und lassen zu können, was sie wollen. Und ich kann mir das aus ihrer Sicht auch gut vorstellen. Die meisten Hunderassen sind dafür gezüchtet worden, eine Aufgabe im Zusammenleben mit dem Menschen zu übernehmen. So weit wir denken können, ist das Landleben eigentlich eine sehr ursprüngliche Form der Hundehaltung. Denn bei Landwirten sind die Hunde oft den ganzen Tag mit Herrchen oder Frauchen unterwegs, behalten alles im Blick und haben oft Abwechslung.

Auf der anderen Seite könnte man argumentieren, dass die Hunde vielleicht nicht ganz so gesellschaftsfähig sind, wie es von Stadtmenschen erwartet wird. Die kennen keine Menschenmengen, Straßenbahnen oder Einkaufszentren und ich habe auch schon Leute getroffen, die behauptet haben, jeder Hund müsste lernen, mit so etwas umzugehen. Allerdings frage ich mich da, wieso sich ein Hund mit solchen, für ihn unnatürlichen Situationen, arrangieren muss, wenn er damit eigentlich nie konfrontiert wird. Hier lässt man die Hunde einfach im Hof Wache halten, wenn man weg ist. Ich kenne sogar Leute hier im Dorf, die ein paar Tage in den Urlaub fahren und einfach dem Nachbarn auftragen, die Hunde zu füttern. Würde ich jetzt nicht machen, weil ich am liebsten nie ohne Hunde in den Urlaub fahre, aber sonst ist das hier üblich.

Dorfhunde halten sich gern bei den anderen Tieren auf, auch wenn sie keine Hütehunde sind.

Erziehung

Das Thema Erziehung ist auf dem Land wirklich so eine Sache, muss ich sagen. Und wenn ich vergleiche, was mein erster Hund Herr Dr. Schröder alles können musste und was Murdoch und Freya nun an Erziehung zu beweisen haben – dazwischen liegen wirklich Welten!

Mit Schrödi habe ich mitten in der Stadt gelebt und hatte ihn außerdem in meinem Beruf als Tourneemanager oft dabei. Ist ja klar, dass an ihn ganz andere Erwartungen gestellt wurden. Beim Gassigehen lief er oft ohne Leine, blieb aber zuverlässig an JEDEM Bordstein stehen und wartete auf mich. Im Konzertsaal blieb er tagsüber an meiner Seite, während der Veranstaltung Backstage und beim Abbau spielte er mit den Technikern auf der Bühne, bevor wir ins Hotel fuhren. Zuhause musste er ruhig sein, im Park freundlich zu Mensch und Hund und regelmäßig im Auto warten. Er hat alles super mitgemacht und es meistens auch genossen. Leider ist er bereits in den ewigen Jagdgründen.

Murdoch und Freya genießen heute das absolute Gegenteil. Sie haben Platz ohne Ende auf dem Hof, gehen täglich im Wald spazieren, müssen fast nie im Auto auf uns warten, sondern dürfen zu Hause von der Couch aus Passanten anprollen. Niemand beschwert sich, wenn die beiden hinter dem Tor Randale machen, weil jemand am Haus vorbei geht. Im Gegenteil: Es wird sogar von ihnen erwartet, wenn man die Einheimischen fragt.

Für jemanden, der mit seinem Hund in der Stadt lebt, wären meine beiden also das reinste Chaoskommando und wahrscheinlich ein Fall für den Hundeverhaltensberater. Hier ist das aber völlig okay. Und trotzdem sind sie in den Augen der Dorfbewohner teilweise immer noch verwöhnte Stadthunde. Das sagt man jedoch mit einigem Respekt, weil die beiden ja doch etwas beeindruckend sind. Denn hier auf dem Land ist es mit der Erziehung der „richtigen“ Dorfhunde so eine Sache. Und so kauft man mir das grinsend gesagte „die wollen nur spielen“ auch nicht immer ab. 😉

Die sind alle so: Es wird gekläfft, wenn man am Tor vorbei geht. Es wird gekläfft, wenn man gerade auf Kontrollgang ist und den Nachbarshund grüßen will. Es wird gekläfft, wenn sich jemand dem Grundstück nähert, selbst wenn sie die Person kennen. Das ist der Job dieser Hunde! Neben vielen anderen Dingen auf dem Hof! Ich habe die Dorfhunde bislang als sehr entspannte Genossen erlebt. Bis auf Paul, den Labrador meines Nachbarn, aber das ist eine andere Geschichte für ein anderes Mal.

Fütterung

Beim Thema Hundefutter macht man sich hier auf dem Land nur selten Gedanken. Die meisten kaufen Feucht- oder Trockenfutter im Supermarkt und wählen dabei die günstigsten Varianten. Ergänzt wird das Industriefutter durch Küchenabfälle und gelegentliche Knochen, einfach so, wie es in der Evolutionsgeschichte Mensch-Hund schon seit Jahrtausenden gelaufen ist. Witzigerweise sind die Hunde damit glücklich und ich kenne persönlich keinen Fall, in dem ein Hund eine Futtermittelallergie durch die Industriepampe bekommen hat. Was mich wirklich beeindruckt, aber na gut…

BARF ist hier eher ein Fremdwort und den meisten Bauern würde auch die eine oder andere Tasse im Schrank fehlen, wenn man dem Hund bestes Muskelfleisch oder leckere Suppenknochen in den Napf wirft. Am besten man stellt sich noch jeden Abend hin und kocht für den Hund. Gekocht wird für Menschen! Beim Hundefutter macht man sich wenig Gedanken um die Qualität und meine „Macke“ was die artgerechte Fütterung angeht, wird (wie vieles anderes auch) belustigt aufgefasst. Trotzdem hat man begonnen, zu mir zu kommen, wenn der Hund nicht mehr fressen mag oder gesundheitliche Probleme hat. So habe ich dann doch die Möglichkeit, ein paar Tricks zu verraten, etwas vorzuschlagen (vielleicht ein anderes Futter). Ich konvertiere sie schleichend…

Zusammenleben

Auch das Zusammenleben läuft bei Dorfhunden etwas pragmatischer ab. Keiner hier geht zum Hundesport oder hat spezielle Verabredungen, bei denen sich der Hund amüsieren kann. Die Hunde hier laufen eher so nebenbei, sind aber trotzdem immer voll mit einbezogen. Die Bauern lieben nicht nur ihre Hunde, sondern auch alle anderen Tiere auf ihrem Hof, auch wenn sie das weniger emotional zeigen. Mit leuchtenden Augen wird erzählt, was verstorbene Hunde für Heldentaten vollbracht haben und auch aktuelle Geschehnisse finden früher oder später in jeder geselligen Runde einen Platz. Hier ein paar, die ich schon in- und auswendig kenne:

  • Spikey (verstorben, Rasse unbekannt) hat Hornissen und Wespen gefangen und diese tot gebissen. Stell dir das mal vor! Wir würden ausrasten, oder?
  • Oscar (Schnauzer-Mix) bellt immer den Nachbarn an, wenn der bei sich auf dem Feld arbeitet, was direkt an seine Grundstück grenzt. Kommt er dann aber von vorne durchs Tor, kriegt Oscar sich kaum noch ein vor Freude. Oscar trägt außerdem Igel durch die Gegend und verbuddelt sie bei lebendigem Leibe…
  • Fido (Jack Russel Mix) ist ein Ausbrecherkönig und geht einfach einmal am Tag seine eigene Runde. Ich hab ihn schon ein paar Mal außerhalb des Dorfes eingesammelt und ein paar Meter mitgenommen.
  • Paul (Labrador) tritt in die Pfotenstapfen seines Vorgängers Spikey und ich habe neulich persönlich miterlebt, mit welche Präzision er eine Hornisse erledigt. Beeindruckend! Paul ist ebenfalls Spezialist für Igel, kriegt sein Maul aber nicht weit genug auf und rollt sie deshalb in ihre Löcher… Die Flöhe behält er regelmäßig.
  • unschlagbarer Mythos-Hund, dessen Namen und Rasse ich vergessen habe – hat sich durch die Kette und einen Zaun mit Stacheldraht gebissen, um zu einer läufigen Hündin zu kommen. Danach war er drei Tage mit der Süßen verschwunden und kam ziemlich erledigt und ausgehungert, aber glücklich zurück. Auch er war schon ein Profi im Fangen von Wespen und Hornissen.

Allgemein stelle ich fest, dass die Hofhunde wesentlich seltener vor die Tür kommen. Sie haben zwar oft ein großes Grundstück, auf dem sie sich frei bewegen können, aber so richtige Gassirunden gehen die meisten hier selten. Ich treffe so gut wie nie andere Hunde auf unseren Runden, höchstens mal am Sonntag Nachmittag nach dem Kaffeetrinken mit der Familie. Ansonsten gehören Felder und Wälder uns, wenn man mal die Massen an Wildtieren außen vor lässt.

Hunde müssen in der Stadt öfter lernen, ihre natürlichen Verhaltensweisen, wie Bellen oder territoriales Verhalten zu unterbinden. Sie leben häufiger in kleinen Wohnungen, gehen dabei aber öfter vor die Tür. Sie treffen andere Hunde und erleben viel, wovon Dorfhunde nur träumen können. Darüber hinaus verbringen ihre Besitzer gewöhnlich mehr Zeit mit den Hunden, gehen zum Training oder üben einen Hundesport aus.

Stadt vs. Landleben für Hunde

Also, nachdem ich jetzt beides durch habe, muss ich sagen, ich finde das Landleben zwar ideal für Hunde, aber auch das Leben in der Stadt oder in dichter bevölkerten Gebieten ist für die meisten Hunde okay. Als Meister der Anpassung kommen sie ja mit der richtigen Sozialisierung und einer netten, aber konsequenten Führung in fast allen Situationen klar.

Ob das eine oder das andere nun besser ist, sei mal dahingestellt. Ich glaube, dass Hunde uns einiges voraus haben, besonders wenn es darum geht, Gegebenheiten zu akzeptieren. Sie stellen sich keine „Was wäre wenn…“-Fragen, sondern versuchen immer, das Beste aus der Situation zu machen. Und darin sind sie wahre Meister oder was meinst du?