Unsere Hunde stellen uns immer wieder vor Herausforderungen. Die einen verzweifeln, andere sehen darin die Möglichkeit, über sich selbst hinaus zu wachsen. Mona erzählt uns heute von den Herausforderungen, die sie mit ihren eigenen Hunden – besonders Nelly – hatte und warum dieser Hund genau richtig für sie war.

Als ich im September 2005 „auf den Hund“ kam, suchte ich erst einmal gar keinen, denn ich hatte Angst vor Hunden. Nun kannte ich aber jemanden, die Pflegehunde hatte und sie bat mich, für einen ihrer Schützlinge eine Pflegestelle zu sein.

Die 4 Monate alte Maggie hatte nur drei Beine und im verbliebenen Vorderbein war eine Sehne gerissen. Sie musste zu jemandem, der keinen anderen Hund hatte und da kannte sie nur mich. Nach reiflicher Überlegung stimmte ich zu, machte aber zur Bedingung, dass die Pflegestelle ein Wochenende blieb und mir das Nötigste zeigte.

Und da war sie dann… und wollte nichts von mir wissen. Sie wollte kein Futter, nicht von mir berührt werden, sie fand mich mega blöd. Darüber hatte ich auch schon im Artikel „Das passt leider doch nicht“ geschrieben. Wohingegen ein anderer Hund, Nelly, die mit im Auto saß und von der gleichen Stelle kam, an mir klebte und nur Augen für mich hatte. Nach reiflicher Überlegung nahm die Pflegestelle Maggie nach ein paar Tagen wieder mit, weil sich der Zustand nicht veränderte und wir einfach nicht warm miteinander wurden.

Und dann war ich infiziert

Das Leben mit Hund, auch wenn es nur ein paar Tage waren, war schon ziemlich cool. Und so schlug mir die Pflegestelle vor, dass ich Nelly holen könnte. Sie beschrieb Nelly als nett, verträglich, stubenrein, gelehrig, kann alleine bleiben, für Anfänger geeignet – hörte sich nach dem perfekten Hund für mich an. Gut, sie war taub, meine Güte, was soll´s? Irgendwas ist ja immer, nicht wahr?

Doch es kam alles anders, als beschrieben

Jeder Hund benimmt sich bei unterschiedlichen Menschen anders, keine Frage. Doch von der Beschreibung, die ich bekam, stimmte nur ein Bruchteil. Und nicht einmal, dass Nelly taub war. Das fand ich jetzt nicht schlimm, zeigt aber doch wie gravierend ich belogen wurde.

Ich saß also da, ein blutiger Anfänger mit einem Hund, der einen sehr starken Schutztrieb hatte, dazu  Angstaggressionen, der gejagt hat, als gäbe es kein morgen mehr, der ALLE Geschäfte drin erledigte, beuteaggressiv war, fremde Menschen hasste, Kinder noch viel mehr hasste… das nenne ich mal ein Paket.

Natürlich habe ich am Anfang viele Fehler gemacht. Ich wusste Dinge über Hunde aus einem „supertollen“ Ratgeber (Achtung, Ironie!) und kannte keine anderen Hundeleute. Also suchte ich mir eine Hundeschule. Und auch die war absolut die falsche Wahl! Psychoterror und absoluter Drill, inklusive körperlicher Züchtigung (nicht schlagen, aber Leinenruck, Alphawurf – sowas) standen dort an der Tagesordnung. Tipps, wie du die richtige Hundeschule für dich und deinen Vierbeiner findest, gibt es übrigens hier.

Aber wie war Nelly denn nun?

Nelly war hochintelligent, ein Mix aus Cocker Spaniel und Altdeutschem Hütehund mit der Lernbereitschaft eines Hütehundes. Ihr etwas beizubringen, war ein Kinderspiel – und verfressen war sie auch. Nelly war ausserdem extrem sensibel, jede Form der Stimmungsschwankung nahm sie direkt auf und spiegelte diese. Sie war mein „Spiegel auf 4 Beinen“ und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Sie trickste mich oft aus, immer und immer und immer wieder. So musste ich häufig um die Ecke denken, was mein Verständnis für diesen Hund enorm schulte. Ich betone das extra, weil sie schon sehr speziell war und ich im Laufe der Zeit gemerkt habe, dass sie anders funktionierte, als andere Hunde. Ich konnte an ihrem Hinterkopf erkennen, was sie dachte, wie sie eine Situation einschätzte und was als nächstes so ungefähr passieren würde. Und doch überraschte sie mich oft.

Was ich von Nelly lernen durfte

Nelly hat mich gelehrt, extrem umsichtig mit Hund unterwegs zu sein, denn ihr Schutztrieb und die Abneigung gegenüber Fremden verschwanden nie ganz. Sie war schon auch ein bisschen eine tickende Bombe auf der Straße, aber ich wusste was wie mit ihr geht, was nicht und hatte immer den absoluten „Notfallplan“ in der Tasche. Es wurde nie jemand durch sie gefährdet.

Ich lernte auch – im Rahmen meiner persönlichen Möglichkeiten – meine Gefühle zu kontrollieren und bestimmter aufzutreten. Ich betone „im Rahmen meiner Möglichkeiten“ deshalb, weil ich nicht der Typ bin, der wie eine Dampframme auftreten kann. Aber auch das habe ich von Nelly gelernt. Denn Anfangs war ich dermaßen überfordert mit ihr, dass ich sie viel angeschrien habe. Und als ich merkte, dass jedes Flüstern wirkungsvoller war, hörte sie mir nicht nur tausend Mal besser zu, sondern brachte mir auch bei, selbst ruhiger zu werden.

Nelly war ein Hund, der sein Leben lang mit der Gesundheit Probleme hatte. Es fing an mit Allergien, die mich zum Barfen brachten. Ich hantierte also mit totem Tier, obwohl ich seit meinem 14. Lebensjahr Vegetarier bin. Das war 2007 und damals waren es 11 Jahre, heute sind es 23 Jahre und dank Nelly bin ich wirklich überzeugter Barfer geworden.
Das fiel mir anfangs total schwer und auch heute fasse ich Fleisch nicht mit bloßen Händen an. Aber das muss ich ja auch nicht, Handschuhe sei dank. 😉

Mit 5 Jahren wurde bei ihr beidseitig eine Hüfftgelenksdysplasie (HD) schwersten Grades (E) festgestellt, sowie ein zurückliegender Bandscheibenvorfall. Dadurch lernte ich nicht nur die in meinen Augen beste Tierärztin kennen, sondern ich lernte durch diese spezialisierte Tierärztin auch viel über das Thema Schmerzerkennung beim Hund. Denn kurz vor Nelly´s Diagnose gewann sie noch einen Kurzstreckensprint gegen eine (gesunde!) Podenco-Hündin. Nelly war schnell wie der Wind.

Dass sie unsägliche Schmerzen gehabt haben soll, war für mich eigentlich unmöglich. Durch meine Tierärztin lernte ich dann aber die kleinsten Anzeichen zu erkennen und richtig einzuordnen. Das kam seither nicht nur Nelly zugute, sondern allen Hunden, die folgten, sowie meinen Kundenhunden auch. Wie du Schmerzen beim Hund erkennst, habe ich in diesem Beitrag schon mal angerissen.

Hier möchte ich einen kleinen Ausflug in die Gesundheit von meinem jetzigen Othello machen. Othello war der erste Welpe in meinem Leben. Bloß alles richtig machen! Gesundheit und Verhalten in richtige Bahnen lenken und so weiter.
Doch immer öfter kam mir der Gedanke, dass er irgendein Problem mit dem Bewegungsapparat hat. Da es vorwiegend um den Hüftbereich ging, tippte ich natürlich auf HD. Als er 1,5 Jahre alt war, ging es also zum Tierarzt zum HD-Röntgen.

Ergebnis: HD hat er nicht, Hüften sind erste Sahne. Und du ahnst… es gab ein „Aber“. Das „Aber“ war eine Veränderung der Lendenwirbelsäule. So selten und so unerforscht, dass es weder eine Behandlungsmöglichkeit gibt, noch weiss man, woher so etwas rührt. Meine Tierärztin hatte das zu diesem Zeitpunkt erst zum dritten Mal auf dem Tisch. Die Praxis gibt es seit Sommer 2009 und ist, wie gesagt, auf den Bewegungsapparat spezialisiert. Also WENN das jemand auf den Tisch bekommt, dann ja sie.

Othello zeigte tatsächlich nur drei kleine Anzeichen, an denen wir erkannt haben, dass da was nicht stimmt:

  • Er ist nicht in der Lage, auf mein Bett zu springen, das etwas höher ist, als normale Betten. Kann er nicht, keine Chance!
  • Streichelt man ihm über den Rücken bis zur Rute, guckt er einen über der Hüfte an, als würde man ihn verprügeln.
  • Ist man mit ihm länger unterwegs als etwa eine Stunde, fängt er hinten an zu „latschen“. Das ist schriftlich sehr schwer zu erklären und kaum ein anderer sieht das überhaupt.

Dank Nelly war ich also für diese drei kleinen Anzeichen sensibilisiert und in der Lage zu erkennen, dass da was nicht stimmte.

Insbesondere der erste Hund ist natürlich der „Grundstein“ für den weiteren Weg als Hundehalter. Nelly hat mich in vielen Dingen etwas schrullig gemacht. Sie hat mich sehr geprägt und das eine oder andere muss ich mir mühsam abgewöhnen bei Othello. Denn er ist ein Sonnenschein, liebt fast alles und jeden, ist sehr unproblematisch – in vielem ein krasses Gegenteil zu Nelly.

Und doch war sie der Hund, den ich brauchte, um viel über Hunde lernen zu können. Meine kleine „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ mit ihren zwei Gesichtern. Zwei Herzen schlugen in ihrer Brust, beide schlugen aber immer für mich. So wie meines immer für sie schlagen wird. 13,5 Jahre war dieser wunderbare Hund an meiner Seite, umschiffte jedes Kliff mit mir, um am Ende, ganz plötzlich, ganz Nelly, für immer in meinen Armen einzuschlafen.

Es war weiss Gott nicht immer leicht mit meiner Schnecke, aber ich würde diesen Weg immer wieder mit ihr gehen, mich immer wieder für sie entscheiden. Von ganzem Herzen! ♥