Corona – es ist eine Zeit der Rechthaberei! Eine Zeit, in der manche Menschen unterteilen in schwarz und weiss, in gut und böse. Wie nie zuvor in der jüngeren Geschichte geht es derzeit um persönliche Überzeugungen undMeinungen. Ich habe das Gefühl, dass es beiden Seiten manchmal an Empathie und dem Verständnis von Meinungsfreiheit und Demokratie mangelt. Irgendwie ist es im Moment wichtig, eine Meinung zu haben und mit der kann man mitunter bei Freunden und Bekannten ganz schön heftig anecken. Interessanterweise lassen sich davon aber auch Parallelen zu verschiedenen Hundethemen ziehen, die im Internet so diskutiert werden.

Es soll in diesem Beitrag gar nicht so sehr darum gehen, welche der beiden Seiten in Bezug auf Corona nun Recht hat. Es geht auch nicht darum, welche Meinung ich persönlich habe, denn mir ist durchaus bewusst, dass wir alle nicht genug darüber wissen, um die einzig wahre Wahrheit für uns zu beanspruchen. Was mir jedoch auffällt ist, dass die Diskussionskultur in letzter Zeit auf ein Niveau abrutscht, das ich in der Vergangenheit auch schon im kleinen Kreis der Hundeleute beobachten konnte.

Die am wenigsten zu sagen haben, bellen am lautesten

Der Ton ist harsch in manchen Hundegruppen bei Facebook oder in Foren. Manchmal scheint es mir, dass selbsternannte Experten den ganzen Tag nichts Besseres zu tun haben, als vor ihrem Rechner zu sitzen und andere Hundeleute runter zu machen, sobald sich die geringste Gelegenheit ergibt.

Wer von uns hat nicht schon mal in einer Gruppe eine Frage gestellt und sah sich wenige Minuten später einem Shitstorm ausgesetzt? Innerhalb kürzester Zeit beginnen die „Experten“, von Hölzchen auf Stöckchen zu schließen und ehe man es sich versieht, ist man der absolut schlechteste Hundehalter der Welt. Es sollte dringend jemand den Tierschutz rufen. Die eigentliche Frage wird dabei jedoch nur selten beantwortet.

Was statt dessen passiert ist, dass der Fragesteller sich schlecht fühlt – dumm, gedankenlos, verantwortungslos! Der „Experte“ hat es ihm mal so richtig gezeigt! Er hat sich als besser hingestellt, sein eigenes Ego befriedigt, zur Lösung der Sache an sich allerdings nicht viel beigetragen. Und das schlimme ist, dass er sich dann auch noch fühlt wie ein „anständiger Hundehalter“, dessen Vorbild alle anderen folgen sollten. Echter Expertenstatus oder doch eher maßlose Selbstüberschätzung?

Gleiches gilt übrigens (meiner Meinung nach) auch für alle, die sich regelmäßig über ihre Mitmenschen bei Facebook beschweren: Seien es nun Flexileinen-Besitzer, Leute mit „Tut-nixen“ oder die, die nicht in der Lage sind, sich rücksichts- und respektvoll zu verhalten. Ihr helft mit euren Hasstiraden niemandem auch nur ein Stück weiter. Okay, außer eurem eigenen Ego, weil ihr euch von den „asozialen Hundehaltern“ abhebt und euch gut fühlen könnt, dass ihr zu den „Anständigen“ gehört.

Mit echten Rudelführer-Qualitäten hat das nichts zu tun! Das wäre eher vergleichbar mit dem keifenden Chihuahua, der alles um sich herum platt machen möchte, weil es nicht nach seiner Pfeife geht.

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Der Ton macht die Musik

Am einfachsten lässt sich die ganze Sache vielleicht erklären, wenn wir uns mal in die Position des anderen begeben. Wenn wir uns wirklich damit auseinander setzen, was ihn bewegt und versuchen, die Gründe für sein Verhalten zu erkennen. Stell dir mal Folgendes vor, auch wenn es dir vielleicht schwer fällt:

Du hast einen kleinen Hund, weil du einfach jemanden an deiner Seite haben möchtest, dem du all deine Liebe schenken kannst. Natürlich weisst du, dass dein Hund verwöhnt ist, dir ist vielleicht auch klar, dass Erziehung und Liebe zwei unterschiedliche Schuhe sind. Wir alle waren schon in der Situation, denn jeder von uns hatte mal seinen ersten Hund. Egal, wie viele Jahrzehnte du schon Hundebesitzer bist, ich denke es kann keiner von sich behaupten, schon immer Experte auf dem Gebiet gewesen zu sein.

Zurück zum Hund: Wenn ihr Gassi geht, nutzt du gern eine Roll-Leine. Dein Hund hört nicht besonders gut, du hast keine Zeit oder siehst keinen Bedarf, das mit ihm zu trainieren. Aber du möchtest ihm auf euren gemeinsamen Gassirunden dennoch etwas mehr Freiraum geben, also nimmst du die Flexi. Euch kommt ein anderer Hundehalter mit einem großen Hund entgegen. Du weisst, dass dein Vierbeiner anderen Hunden gern Hallo sagen möchte, also bleibt die Flexi so lang sie eben geht. Der andere Hundehalter reagiert ungehalten, weil dein Hund auf seinen zuspringt. Du wirst massiv angegangen und vielleicht sogar persönlich beleidigt. Ein paar aggressive Worte werden gewechselt, man schreit sich vielleicht noch etwas hinterher und den Rest des Spaziergangs ärgern sich beide Seiten über den jeweils anderen.

Und jetzt stell dir einfach nur mal die Frage: Wird die Kritik des anderen bei dir ankommen? Wirst du dich in Zukunft anders verhalten oder sogar darüber nachdenken, mit deinem Hund tatsächlich mal eine Hundeschule zu besuchen? Werden Beleidigungen, unsachlich hervorgebrachte Kritik oder sogar Drohungen dich zum Umdenken bewegen? Ich denke eher nicht, oder?

Der Ton macht die Musik! Das gilt nicht nur in der Erziehung und im Umgang mit unseren Vierbeinern, sondern sollte in einer vermeintlich zivilisierten Gesellschaft auch im zwischenmenschlichen Bereich eine große Rolle spielen. Denn nur so kann man Veränderungen bewirken, jeden Tag ein kleines Stückchen.

Mit GUTEM Beispiel voran gehen

Sicherlich habe auch ich in der Vergangenheit den Fehler begangen, andere mit Druck oder Respektlosigkeiten davon überzeugen zu wollen, dass ich richtig liege und die anderen sich ändern sollten. Vielleicht hatte ich auch hin und wieder Recht. Das spielt aber keine Rolle, weil der andere es mit Sicherheit nicht eingesehen hat.

Im Laufe meines Bloggerdaseins – und ich schreibe ja nun fast seit 4 Jahren beim Lieblingsrudel – habe ich persönlich jede Menge dazu gelernt. Ich setze mich mit Themen stärker auseinander, als es vielleicht der normale Hundehalter tun würde. Doch das gibt mir nicht das Recht, herablassend auf Fragen oder die Meinung anderer zu reagieren. Ich selbst lag auch schon oft genug falsch, woran ich meine Leser ja hier auch regelmäßig teilhaben lasse. Es tut mir auf der anderen Seite übrigens auch nicht besonders weh, von außen Kritik zu bekommen, denn ich reflektiere mich sowieso immer wieder selbst. Ich sehe Fehler als wichtig an, weil man nur so daraus lernen kann. Natürlich ist es kein schönes Gefühl, sich selbst etwas eingestehen zu müssen, aber so ist nun mal das Leben.

Wer wirklich etwas erreichen will, hackt nicht auf anderen herum, spielt sich dadurch auf und füttert das eigene Ego. Er geht mit gutem Beispiel voran und hofft, dass er so ein paar Leute überzeugen kann, die es ihm gleich tun. Am besten noch, dass die sich ihre eigenen Gedanken machen und in einem Austausch auf Augenhöhe eigene Erfahrungen einbringen. Mitunter kann man davon sogar noch etwas lernen und erkennt, dass die eigene Wahrheit nicht unbedingt Allgemeingültigkeit besitzt. 😉

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