Heute geht es darum, ob Hunde sich daran erinnern, wenn sie etwas Verbotenes getan haben. Eine Diskussion bei Facebook hat mich zu der Frage angeregt: Haben Hunde ein schlechtes Gewissen?

Manchmal schnürt es mir das Herz zusammen, wenn ich Fragen oder Kommentare in Facebook-Gruppen lese. Ich versuche dann immer mich zurückzuhalten und nicht in die Diskussion einzubringen, denn meiner Meinung nach ist den wenigsten Menschen damit geholfen. Außerdem arten solche Diskussionen – besonders unter Hundehaltern – schnell mal aus dem Ruder und statt mit der eigentlichen Frage beschäftigt man sich damit, ob der Fragesteller ein verantwortungsloser Tierquäler ist. Doch dieses Mal konnte ich einfach nicht anders und meine Meinung dazu sagen. Allerdings nicht bei Facebook, sondern direkt hier auf dem Blog, weil mich interessiert, was du darüber denkst.

Die Frage war, ob ein Hund ein Erinnerungsvermögen hat und sich bewusst ist, dass er einen Fehler gemacht hat. In diesem Fall berichtete eine Hundehalterin von ihrer Hündin, die nachts auf den Teppich vor dem Bett gepullert hat. Am nächsten Morgen machte die Hündin ihre Halterin auf die kalte Pfütze im Bettvorleger aufmerksam, indem sie mit der Schnauze eine Bewegung machte, als wolle sie etwas verbuddeln. Frauchen bemerkte das Ungeschick und schnauzte die Hündin voll, die sich mit hängenden Ohren und schuldbewusstem Blick in ihr Körbchen verzog.

In der Gruppe behauptete Frauchen nun, Hunde würden sich sehr wohl daran erinnern, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Doch für mich sieht die Situation hier ganz anders aus.

Haben Hunde ein Erinnerungsvermögen?

Natürlich können sich Hunde an vieles erinnern. Sonst wäre es für sie nicht möglich, eine Beziehung zu uns Menschen oder Artgenossen aufzubauen, geschweige denn überhaupt zu überleben. Natürlich wissen sie auch, was sich gehört und was nicht – was erlaubt ist und was nicht!

Um zu überleben muss man sich an einiges erinnern: Wo, wann und von wem gibt es Futter? Wie verhalte ich mich in meiner Umwelt, um z.B. mich nicht zu verletzen? Wie lauten die Regeln in meinem Rudel, damit wir harmonisch zusammenleben können? Wer ist Freund und wer ist Feind?

Um also möglichst sicher und entspannt durchs Leben zu kommen, gehört ein gutes Erinnerungsvermögen unweigerlich dazu. Es gibt aber einen gewaltigen Unterschied zwischen der Erinnerung an etwas Verbotenenes (in diesem Fall: im Haus Geschäft verrichten) und etwas, das sie zum Abbau von Frust, Angst oder Langeweile getan haben (z.B.: in der Abwesenheit des Menschen das Haus verwüsten oder den Mülleimer auseinandernehmen).

Was meiner Meinung nach passiert ist

Also, wenn einer meiner Hunde mich auf so eine Art Missgeschick aufmerksam machen würde, würde ich definitiv anders reagieren als die Urheberin des Posts. Ich wäre dankbar, dass mein Hund mich darauf hingewiesen hat, bevor ich in Socken reintrete. Ich würde zunächst vermuten, dass mein Hund Not hatte und mich vielleicht nicht wach bekommen hat oder wach machen wollte, statt ihm gleich Böses zu unterstellen.

Ich würde die Pfütze weg machen und keine großen Worte darüber verlieren, in den nächsten Tagen aber sicher gehen, dass der Hund direkt vor dem zu Bett gehen noch mal vor die Tür kommt und keine Auffälligkeiten, wie übermäßiges Trinken oder körperliche Beschwerden zeigt. Auch Hunde können sich die Blase verkühlen oder aufgrund anderer Ursachen plötzlich mal nicht die ganze Nacht durchhalten.

Ich denke, die Hündin konnte sich sehr wohl noch daran erinnern, dass sie Nachts auf den Bettvorleger gepullert hat – immerhin war die Pfütze noch da und sie konnte sie riechen. Mit Sicherheit hat sie gewusst, dass man nicht sein eigenes Nest beschmutzt und wollte Frauchen darauf aufmerksam machen, damit sie es weg macht. Wahrscheinlich hat sie dabei bereits Beschwichtigungssignale gezeigt und Frauchen hat diese als schlechtes Gewissen interpretiert und ist sauer geworden. Doch ich sehe das Ganze als die Bitte um Hilfe von der Hündin.

Ich denke mir: Die arme Hündin! Mit Sicherheit war ihr die Pfütze peinlich und sie hat sich bereits schlecht gefühlt und Ärger erwartet, der ja dann auch gekommen ist. Mir stellt sich die Frage, wie oft so etwas passiert, bis die Hündin nicht mehr Bescheid sagt?

Wissen Hunde, wofür sie bestraft werden?

Ich glaube, in dem Fall hat die Hundehalterin sich nicht gerade einen Gefallen getan, denn mit etwas Pech hat ihre Hündin die Bestrafung auf ihr Anzeigen des Missgeschicks bezogen und wird sich von nun an zweimal überlegen, ob sie Frauchen auf solche Dinge hinweist. Je nachdem, wie sensibel der Hund ist und wie böse geschimpft wurde, kann sich hier unbemerkt ein gravierender Nachteil eingeschlichen haben.

Hauptsächlich leidet aber die Beziehung unter einem massiven Vertrauensverlust. Wenn ich zu Frauchen nicht mit meinen Problemen kommen kann, zu wem dann? Ich würde diese Denkweise bei meinen Hunden nicht wollen…

Ich denke auch, dass man dieses Erinnerungsvermögen an die Pfütze von letzter Nacht nicht unbedingt mit anderen Problemen vergleichen kann. Ein schuldiger Blick beim zerlegten Mülleimer, wenn der Hund ein paar Stunden alleine war, bedeutet noch lange nicht, dass er sich des Fehlers bewusst ist. Vielleicht hat er nur die Lernerfahrung gemacht, dass es Ärger gibt, wenn du nach Hause kommst. Wie er in der Zwischenzeit aber mit seiner Trennungsangst, Panik oder Langeweile umgehen soll, hast du ihm nicht gezeigt? Von daher kann er das Verhalten in deiner Abwesenheit gar nicht als falsch erkennen, weil er es zum Abreagieren von Frust, Angst oder Unterforderung sieht.

Man muss immer die individuelle Situation betrachten und entsprechend darauf reagieren. Es gibt einfach kein Null-Acht-Fuffzehn in der Hundeerziehung. Jeder Hund, und auch jeder Mensch, ist anders. Ein großer Schritt in die richtige Richtung ist, sensibel und empathisch zu sein und sich in den Hund hineinzuversetzen. Und wenn ich mir vorstelle, dass man ein Kind, das Nachts ins Bett gemacht hat, am nächsten Morgen noch anschreit… Das haben wir doch an veralteten Erziehungsmethoden gesehen!