Bist du auch manchmal genervt, wenn dein Hund sich auf der Gassirunde gefühlte Ewigkeiten an einer Stelle festsaugt und diese eingehend beschnüffelt? Und das am besten noch alle drei Meter, so dass man eigentlich nicht wirklich voran kommt? Warum es so wichtig für deinen Hund ist, seine Umwelt mit der Nase zu entdecken, verraten wir dir im folgenden Blogbeitrag.

Wir Menschen können mitunter schon sehr ungeduldig sein, wenn wir mit unseren Hunden unterwegs sind. Während wir gern die Natur und die Umgebung genießen und das auch im Laufen können, arbeitet die Nase deines Hundes ununterbrochen, um die Welt um sich herum wahrzunehmen. Sie laufen ein paar Schritte und bleiben dann an einer Stelle stehen, um diese ausgiebig zu beschnuppern. Dann ein paar weitere Schritte und schon ist dort der nächste Punkt, der dringend Aufmerksamkeit erfordert und genau studiert werden muss.

Es liegt nahe, deinen Hund an der Leine zu ziehen und ihn vorwärts zu bewegen, doch eine ordentliche Gassirunde kann man nicht immer daran messen, wie lange ihr unterwegs seid oder wie viele Kilometer ihr dabei zurück gelegt habt. Ab und zu solltest du deinem Hund erlauben, die Rose, den Laternenpfahl oder sogar einzelne Grashalme ausgiebig zu beschnuppern.

Der Geruchssinn der Hunde

Über die unglaublichen Fähigkeiten der Hundenase, habe ich hier schon einmal einen Beitrag veröffentlicht. Während wir Menschen unsere Welt hauptsächlich visuell wahrnehmen, geht es im Leben unserer Hunde um Gerüche. Sie haben Millionen von olfaktorischen Sensoren in der Nase, weit mehr als wir Menschen, und sie verfügen über ein spezielles Organ (vomeronasales Organ oder Jacobson-Organ) im oberen Teil des Mauls, das ausschließlich mit dem Verarbeiten von Gerüchen beschäftigt ist. Ihre langen Schnauzen sind ideal, um die einzelnen Geruchsnachrichten zu lesen, die jedem Objekt anheften.

Du kannst an demselben Baum riechen, an dem dein Hund sich gerade eine Minute höchst interessiert aufgehalten hat und alles was du riechst ist vielleicht ein bißchen der holzigen Rinde. Aber dein Hund kann jede Menge mehr Informationen durch den Geruch bekommen. Er kann sagen, dass vor Kurzem ein anderer Hund hier vorbei gelaufen ist und sogar, wann das ungefähr war. Aber nicht nur das. Dein Hund kann auch riechen, ob der andere Hund ein Rüde oder ein Weibchen war, ob er krank ist, in welcher Stimmung er war und was er gern frisst.

Wenn du deinem Hund also verbietest zu schnüffeln, ist das ungefähr so, als würde man von dir verlangen, den ganzen Tag mit einer Augenbinde herum zu rennen. Hunde brauchen ihre Nasen, um wichtige Informationen ihrer Umwelt aufzunehmen und zu verarbeiten. Während sie unterwegs sind, „lesen“ sie gleichzeitig die News aus der Nachbarschaft.

Die geistigen Vorteile des Schnüffelns

Alle Hunde brauchen regelmäßig Bewegung um körperlich gesund und glücklich zu sein. Gassi gehen ist besonders für Hunde wichtig, die viel Energie und Bewegungsdrang haben. Ohne die Möglichkeit, ihre überschüssige Energie loszuwerden, baut sich diese schnell auf und kann überschwappen. Das heißt, bestimmte Verhaltensweisen deines Hundes können sich verstärken, z.B. Zerstörungswut oder generelle Probleme im Umgang. Doch lange Spaziergänge oder Hundesport sind nicht die einzigen Möglichkeiten, deinen Hund artgerecht auszulasten. Wenn du deinen Hund wirklich müde und zufrieden bekommen möchtest, ist es wichtig, dass du ihn nicht nur körperlich sondern auch geistig beschäftigst.

Einen bestimmten Geruch zu erschnüffeln, diesen zu interpretieren und die Informationen auszuwerten ist quasi das geistige Workout der Hundewelt. Dadurch rennt er zwar nicht kilometerweit und baut auch keine Muskeln auf, aber die geistige Auslastung ist für ein erfülltes Hundeleben mindestens genauso wichtig, wie Bewegung und Sport. Den Aufwand, den der Hund betreiben muss, um die individuellen Elemente eines Geruchs zu identifizieren, bedeutet jede Menge Konzentration und ist eine gewaltige Leistung des Gehirns.

Wenn dein Hund regelmäßig seine grauen Zellen trainieren kann, wird er auch im Alter länger fit bleiben und du kannst so auch verhindern, dass ersich anderen Dingen widmet, z.B. deinen Lieblingsschuhen, dem Mülleimer oder der Wohnungseinrichtung. Wenn du deinen Hund auf der Gassirunde ausreichend schnüffeln lässt, stellst du sicher, dass er nicht nur körperlich sondern auch geistig ausgelastet ist.

Ein Gefühl der Freiheit

Unsere Hunde sind auf uns angewiesen und das nicht nur, wenn es um regelmäßige Mahlzeiten und ein schönes  Zuhause geht. Das Zusammenleben mit uns Menschen bedeutet für die Hunde aber auch jede Menge Einschränkungen: Ihre Bewegungsfreiheit ist durch Zäune und Leinen begrenzt, sie sitzen wenn wir es ihnen sagen, sie essen wenn wir es ihnen hinstellen und sie gehen spazieren, wann auch immer wir das entscheiden. Wir schreiben ihnen sogar vor, wann sie auf die Toilette gehen dürfen und wann sie artig an der Leine laufen müssen.

Dein vierbeiniges Familienmitglied hat also fast keinerlei Kontrolle über sein eigenes Leben und das Gefühl der konstanten Bevormundung kann sich mitunter auf die geistige Gesundheit deines Hundes auswirken. Studien haben erwiesen, dass dieser Freiheitsentzug zu Stress, Angst und Depression beim Hund führen kann. Die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, gibt deinem Hund Selbstbewusstsein und ein Gefühl, dass er sich auf sich selbst verlassen kann. Wenn sie keine Wahl haben, haben sie auch nicht die Möglichkeit, Stress zu vermeiden oder abzubauen. Auch das Thema „erlernte Hilflosigkeit“ spielt hier mit rein. Ist der Freiheitsentzug zu groß und der Hund kann seinen arttypischen Verhaltensweisen gar nicht mehr folgen, wird er früher oder später total dichtmachen bzw. abstumpfen und nicht mehr versuchen, seine eigene Situation zu verbessern.

Natürlich ist es nicht immer total schlimm, wenn wir unseren Hunden Entscheidungen abnehmen und ihnen durch das Leben helfen. Meistens ist es gar nicht zu vermeiden, allein schon aus Sicherheitsgründen. In unserer Menschenwelt ist es für Hunde nicht immer leicht, sich zurecht zu finden. Nahe einer Hauptverkehrsstraße die Leine abzumachen, damit dein Hund nicht mehr in seiner Freiheit begrenzt ist, kann für ihn und andere Verkehrsteilnehmer gefährlich werden.

Zu viel und jede Kleinigkeit kontrollieren zu wollen, kann aber einen sehr negativen Effekt auf deinen Hund haben. Deshalb ist die tägliche Gassirunde die perfekte Möglichkeit, ihm ein wenig mehr Selbstbestimmung zu geben und seine eigenen Entscheidungen treffen zu lassen. Wenn er unbedingt geschlagene fünf Minuten an einer Stelle stehen und alles ganz genau beschnüffeln will, dann lass ihn doch. Das ist nur eine kleine Entscheidung, verglichen mit dem Großen und Ganzen, aber es wird deinem Hund gut tun. Wenn du deinen Hund beim Spaziergang dauernd voran treibst oder von ihm verlangst, dass er die ganze Zeit bei Fuß geht, könnte das sein Stresslevel noch höher treiben, anstatt ihn abzubauen.

Die Umsetzung beim Spaziergang

Wenn dein Hund die Wahl hätte, würde er auf der Gassirunde wahrscheinlich im Zickzack vor dir laufen und alle paar Meter stehen bleiben, um ausgiebig zu schnüffeln. Das ist manchmal sogar in Ordnung, aber selbst die geduldigsten Hundehalter können nicht jeden Tag stundenlang unterwegs sein, damit der Hund überall schnuppern kann. Wenn du nur Zeit für eine kurze Pullerrunde hast, dann tu deinem Hund den Gefallen und setze Prioritäten. In dem Fall ist es besser, ihn schnüffeln zu lassen, als sich auf die Länge der gelaufenen Strecke zu konzentrieren.

Je nachdem wie fit dein Hund ist, wird ein 15-minütiger Spaziergang ihn sowieso körperlich nicht auslasten. Lässt du ihn jedoch 15 Minuten lang schnüffeln, sieht die Sache schon anders aus. Denke immer daran, dass es beim Spaziergang eigentlich um deinen Hund geht. Gönne ihm hin und wieder die Zeit, seine Umgebung genau unter die Lupe zu nehmen – und zwar mit seiner Nase! Das wird sein Leben unglaublich bereichern!