„Du musst ein guter Rudelführer für deinen Hund werden!“ Diesen Satz hast du vielleicht auch schon mal gehört. Sei es von anderen Menschen auf der Hundewiese oder von deinem Hundetrainer. Nicht selten sorgen diese Worte, manchmal zu Recht, für emotionale Reaktionen. Denn das Wort „Rudelführer“ ist mit vielen negativen Assoziationen besetzt. Doch was ist eigentlich ein guter Rudelchef für deinen Hund? Meinen Ansatz verrate ich dir in diesem Artikel.
Definition Rudelführer
Mir soll es in diesem Artikel nicht um die Definition des Wortes Rudelführer gehen. Dennoch müssen wir hier sicherlich ein paar Dinge klarstellen, da eben jeder seine eigene Auffassung dazu hat. Für viele hat der Rudelführer den faden Beigeschmack des Nationalsozialismus. Unabhängig davon, dass zu dieser Zeit offensichtlich der eine oder andere ein paar Ego-Probleme hatte, gibt es aber auch wundervolle Anführer, denen man sich gern anschließt. Deshalb gleich alle in einen Topf zu werfen, ist also unfair. Ich persönlich streiche deshalb den Führer und sage meistens Rudelchef.
Kann ein Mensch als Rudelführer bezeichnet werden?
Ja, ich weiß, Hunde und Menschen sind zwei unterschiedliche Spezies und können daher kein Rudel bilden. Aber wie willst du es nennen? Familie geht auch nicht, weil das nur auf Menschen zutrifft. Gruppe wäre möglich, aber der „Gruppenführer“ hat dann auch wieder etwas von Bundeswehr und Kommandoton. Meinetwegen lass es uns Team Leader nennen, aber die inhaltliche Bedeutung bleibt doch die gleiche.
Ist die Rudelführer-Theorie überholt?
Die Hundewelt ist voller Theorien und mindestens doppelt so vieler Experten, die sich entweder dafür oder dagegen aussprechen. Mach dich frei von dem Gedanken, dass du es als Hundehalter jemals allen Recht machen wirst. Es wird immer Leute geben, die dich für unfähig halten, obwohl sie sich keinerlei Bild machen können. Ob die Theorie des Rudelführers überholt ist, kannst du eigentlich nur deinen Hund fragen. Der wird dich aber wahrscheinlich nur fragend anschauen…
Im Prinzip ist es auch egal, ob eine Theorie noch Bestand hat oder bereits als veraltet gilt. Wichtig ist, was für dich und deinen Hund passt. Aus eigener Erfahrung kann ich dir aber garantieren, dass die meisten Hunde es sehr angenehm empfinden, wenn sie eine Art „Führer“ haben, der im Zweifelsfall gute Entscheidungen zum Allgemeinwohl treffen kann. In unserer von Menschen gemachten Welt ist es wichtig, dass dein Hund dich als Entscheidungsträger sieht, denn mit seinen Instinkten könnte es schnell zu Problemen führen. Beispielsweise ein sehr wachsamer Hund, der viel bellt und dadurch die Nachbarn verärgert. Das geht nicht lange gut.
Synonyme für Rudelführer
Wie auch immer du es nennen möchtest, bleibt natürlich dir überlassen. Wir wollen uns in diesem Artikel auch nicht an der Definition eines Begriffes (laut Wikipedia oder Duden) festklammern, sondern es soll um die eigentliche Aufgabe dieser Position gehen. Setz also gern das Wort ein, das dir am besten gefällt. Hier ein paar Vorschläge:
- Rudelchef
- Leitwolf (auch wenn du kein Wolf bist)
- Familienoberhaupt
- Alpha-Tier
- Leittier
- Führungsperson
- Team Leader
- Entscheidungsträger
Im Prinzip ist es deinem Hund egal, wie du dich selbst betitelst und welche Diskussionen in der Hundewelt darum geführt werden. Für ihn ist nur wichtig, wie du dich verhältst und damit hast du einfach Führungsqualitäten… Oder eben nicht! Da helfen auch die verwirrtesten Wortklaubereien nichts. Sie lenken nur vom eigentlichen Thema ab.
Bedeutung Rudelführer - wie ich das meine
Wenn ich hier Hunde und Menschen in einen Topf werfe, dann will ich ganz sicher weder die Hunde vermenschlichen noch mich selbst zu einem Hund machen. Ich persönlich sehe meine beiden Hunde und mich als Team und Rudel an. Trotzdem muss es, wie in jedem Team, jemanden geben, der die letztendlichen Entscheidungen zum Wohle aller trifft.
Als fairer Anführer und Chef nehme ich natürlich Rücksicht auf die individuellen Charaktere meiner Hunde und ganz besonders ihrer Talente. Gute Chefs sind meiner Meinung nach weniger diejenigen, die auf ihrem Status herumhacken. Ich bin lange genug selbständig und habe auch einige schlechte Chefs kennen gelernt. Wer erfolgreich und mit Spaß seine Arbeit machen möchte, fördert die individuellen Charaktere in seinem Team. Weil nur ein Team, das sich gesehen und gefördert fühlt, auch wirklich motiviert ist und zur Höchstleistung aufläuft.
Guter Rudelführer werden
Wenn dein Hundetrainer davon spricht, dass du ein guter Rudelchef für deinen Hund werden sollst, sagt er meistens nicht dazu, wie das gehen soll. Wer von uns kann schon wirklich Beschreibungen wie „souverän“ und „konsequent“ verständlich definieren. Geschweige denn andauernd umsetzen?
Ein guter Rudelführer wird man nicht, indem man sich über den Hund stellt und das mit Gewalt oder dämlichen Trainingseinheiten durchsetzt. Es erfordert Arbeit an dir selbst und ist nicht immer einfach. Besonders wenn du gegen etablierte Verhaltensweisen bei dir selbst ankämpfen musst. Aber es lohnt sich! Nicht nur für die Beziehung zwischen dir und deinem Hund, es wird dir auch in den restlichen Bereichen deines Lebens helfen.
Aufgaben & Eigenschaften eines guten Rudelführers
1. Ressourcen
Bei Ressourcen denken viele zuerst an Futter, aber es gehören noch viele weitere Dinge zu den Sachen, die für deinen Hund extrem wichtig sind, z.B.:
- Futter, Wasser, Leckerlis
- Spielzeuge
- Schlafplätze und Betten
- deine Aufmerksamkeit und Liebe
Als Rudelchef ist es deine oberste Aufgabe dafür zu sorgen, dass alle im Rudel grundversorgt sind. Du besorgst und verwaltest die Ressourcen. Wichtig ist aber für deinen Vierbeiner ganz besonders die Liebe und Fürsorge, die du ihm zuteil werden lässt. Wir haben z.B. ein schönes Ritual für den Sonntag Abend, wo wir Ohren putzen, Krallen schneiden und mit einer Kuscheleinheit einen Gesundheitscheck machen.
2. Rudelführer sind zuverlässig
Das wichtigste in einem funktionierenden Team sind grundlegende Regeln und Grenzen. Das bedeutet nicht, jeden einzelnen Schritt zu überwachen. Ich meine damit die grundlegenden Rudelgesetze, die in deinem Team gelten. Diese sind für meine Hunde die Grenzen, in denen sie sich frei bewegen können:
- Wir sind alle freundlich zueinander
- Es wird geteilt und jeder bekommt seinen Anteil
- Beim ordentlich Durchknuddeln muss man sich auch mal abwechseln
- Wenn Frauchen was sagt, meint sie es (meistens) ernst
Zu diesen sehr grundlegenden Regeln kommen natürlich je nach Situation noch andere, aber sie bilden die Basis für unsere Kommunikation. Ich meine damit nicht nur zwischen den Hunden, sondern auch mit mir. Ich muss also auch immer freundlich bleiben. Ich kann aber freundlich und bestimmt auf die Einhaltung der Grenzen bestehen, da lasse ich dann auch nicht mit mir diskutieren.
Wenn dein Hund sich in einem gewissen Rahmen frei ausleben kann und du dich relativ berechenbar verhältst, wird er dich lieben und als Führungsperson anerkennen.
3. Immer freundlich bleiben
Viele Hundehalter neigen dazu, in den Kasernenton umzuschalten, sobald sie mit ihrem Hund sprechen. Manche werden auch beim mehrmaligen Wiederholen von Kommandos lauter und energischer. Und jetzt schau dir mal die Rudelführer bei Hunden an. Sind das diejenigen, die bellen und andere Rudelmitglieder tyrannisieren? Nein, ganz eindeutig nicht!
Und auch bei uns Menschen bürgert sich so langsam eine neue Verantwortung als Chef ein. Viele wissen, dass großartige Chefs fair, freundlich und „ansprechbar“ sein müssen. Nur wer sein Team motiviert und die Stärken des Einzelnen erkennt, kann auch erfolgreich sein. Für einen cholerischen Chef, der bei der geringsten Kleinigkeit sofort an die Decke geht, setzt sich niemand voll und ganz ein.
Arbeit oder etwas Neues lernen (z.B. im Hundetraining oder Hundesport) funktioniert nur dann, wenn man mit Freude bei der Sache ist. Dazu gehört nicht nur ein freundlicher Umgangston, sondern ganz besonders, dass du selbst auch Spaß an der Arbeit mit deinem vierbeinigen Kumpel hast. Flüstern oder kleine Zeichen sind meistens viel besser, als im Kommandoton rumzuschreien. Verbote solltest du freundlich durchsetzen und Fehler geduldig erklären. Und das Wichtigste: Sei unfassbar stolz auf deinen Hund, wenn er etwas richtig gemacht hat.
4. Immer die Ruhe bewahren
Echte Rudelchefs reagieren nicht panisch, sondern können auch in ungewohnten oder unangenehmen Situationen ein Fels in der Brandung sein. Sei souverän und lass dich nicht aus der Ruhe bringen. Es wird Momente geben, in denen ein hohes Maß an Selbstbeherrschung von dir gefordert wird, z.B. wenn dein Hund sich daneben benimmt oder verletzt wird und zum Tierarzt muss. Es wird euch beiden nichts bringen, wenn du dann emotional reagierst, weil das die Angst oder Verunsicherung nur noch verstärkt. Ruhig und besonnen kannst du solche Situationen besser regeln.
Wenn du einen solchen Moment erfolgreich gemeistert hast, wird dein Hund dich vergöttern! ♥
5. Kommunikation ist keine Einbahnstraße
Ich weiß, ich erzähle das immer wieder, aber es ist nun einmal so: Hundesprache verstehen lernen ist der wichtigste Schlüssel, um ein guter Rudelchef zu werden. Wenn du verstehst, was dein Hund dir sagen will und entsprechend darauf reagierst, werdet ihr immer mehr in der Lage sein, euch ohne große Worte zu verständigen.
Fazit
Was die meisten unter „ein guter Rudelführer für den Hund sein“ verstehen, ist nicht richtig. Chefs hauen nicht drauf, sondern bringen einfach Qualitäten mit, die sie automatisch zum Anführer einer Gruppe machen. Tiere sind anders als wir Menschen. Sie schließen sich instinktiv nur guten Rudelchefs an. Wenn wir uns anschauen, wie diese sich verhalten, können wir noch viel über unseren eigenen Umgang mit dem Hund lernen. Hast du diese Erfahrung auch schon gemacht? Erzähle mir darüber in den Kommentaren.