Hunde haben herausragende Nasen, das wissen wir! Manche können sogar Drogen, Sprengstoff oder andere Substanzen riechen. Doch wusstest du, dass es auch Hunde gibt, die Krebs erschnüffeln können? Und das mit einer unglaublichen Genauigkeit und bereits lange bevor medizinische Tests überhaupt eine Erkrankung feststellen können. Die Arbeit des Vereins für Krebssuchhunde stellen wir im folgenden Beitrag vor.
Neulich haben wir dich in einem Beitrag gefragt, ob deine Hunde es merken, wenn du krank bist. Bei Facebook und Instagram haben wir sehr viel Feedback aus dem Lieblingsrudel bekommen und konnten feststellen, wie viele äußerst fürsorgliche Hunde es gibt. Und dann kam plötzlich ein Kommentar von Tanja, das unsere Aufmerksamkeit weckte. Sie sagte, ihre beiden Hunde Socke und Junior könnten sogar Krebszellen riechen. Darüber wollten nicht nur wir mehr wissen, sondern auch andere aus dem Lieblingsrudel, die uns ihre Fragen zu dem Thema geschickt haben.
Eure Fragen gingen dann gesammelt an Tanja, die sich und ihre Arbeit bei der weltweit ersten Krebs-Suchhundestaffel mal genauer vorstellt.
Die Krebssuchhunde Socke und Junior
Mein Name ist Tanja, ich bin 42 Jahre alt und lebe gemeinsam mit meiner Familie und meinen beiden Hunden in der Nähe von Graz in Österreich. Unser Bordercollie Socke (8 Jahre) und der Aussie Junior (4 Jahre) mögen keine Langeweile! 😉
Also habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich die beiden sinnvoll beschäftigen und auslasten kann. Mit einer Anzeige in der Zeitung fing alles an. Dort war ein Bericht erschienen mit dem Titel „Hunde können Krebs riechen“. Ich habe dann dort angerufen und bin wenig später mit Socke zum Eignungstest gefahren. Er war sofort neugierig und ich konnte sehen, dass ihm die Arbeit mit der Nase Spaß machte. Es hat auch nicht lange gedauert, bis wir aktiv mit ihm arbeiten konnten.
Nun sind wir bereits seit einigen Jahren im Verein VGFS (Verein für Gebrauchs-, Forschungs- und Suchhunde). Initiator und Obmann des Vereins ist Wolfgang Gleichweit, der gleich noch auf alle Fragen genau eingeht. Er hat mit seinen fünf Hunden selbst mit der Krebssuche begonnen und wollte, dass auch nach dem Tod einiger seiner Hunde, die Arbeit weiter gehen kann. Also gründete er den Verein und in den letzten Jahren sind zahlreiche ehrenamtliche Mitglieder dazu gekommen.
Die Ausbildung dauert ca. ein Jahr und beginnt sehr spielerisch. Wenn die Neugier der Hunde geweckt ist, beginnt die richtige Suche mit echten Proben von Patienten. Getestet werden Atem, Urin und Blut. Das Training mit dem Hund findet im Trainingsraum unseres Vereins statt, weder wir noch die Hunde haben also direkten Kontakt zu den Patienten. Dann riecht der Hund alle Proben mehrmals, um wirklich sicher zu gehen.
Die Hunde können den Krebs schon in einem sehr frühen Stadium erschnüffeln, meist Monate bevor ein klinischer Test reagieren würde! Das glauben mir die Leute oft nicht, aber es ist wirklich beeindruckend, wie genau die Fellnasen arbeiten und wie zuverlässig ihre Ergebnisse sind. Wir haben uns noch nicht getäuscht. Das Ganze ist so eine spannende Geschichte, dass es sogar schon Forschungen zu unserer Arbeit gibt.
Um all die Fragen aus dem Lieblingsrudel zu beantworten, hat sich Wolfgang Gleichweit (Vorsitzender des VGFS) bereit erklärt, ein kleines Interview mit uns zu führen. Zur Einstimmung darauf hier ein kleiner Bericht von 3Sat über die Arbeit von Wolfgang.
Woran kann ich merken, dass mein Hund für die Krebssuche geeignet sein könnte?
Hunde können auf fast alle Geruchsstoffe trainiert werden. Wichtig ist, dass der Hund mit Liebe, Geduld und Ausdauer dabei ist und einen ausgeprägten Spiel- und Beutetrieb hat. Es ist lediglich eine Geruchsübereinstimmung und der Suchhund wird eben im unseren Fall mit diagnostizierten Geruchsproben von Krebs Patienten eingestimmt.
Aus welchem Grund hast du dich entschieden, in diesem Bereich tätig zu werden? Ist das dein beruflicher Hintergrund oder hat es private Gründe?
2003 sah ich im Fernsehen, wie ein pensionierter Polizist in Florida mit seinem Mittelschnauzer sich mit dem Erkennen von Hautkrebs beschäftigte. Auch wurde ein Bericht gezeigt, wie zwei Hundeführer in einer Klinik, nach der ärztlichen Untersuchung, mit den Hunden die Körper nochmals abschnüffelten. Es wurden auch zwei Personen gezeigt, die nur durch die Anzeige der Hunde noch am Leben sind. Ich war so begeistert, dass ich es auch mit meinen Hunden versuchen wollte. Einige Personen im Verwandtenumfeld sind an Krebs verstorben, daher lag mir das Thema am Herzen.
Nun begann ein langer und steiniger Weg. Ich erfuhr kaum Unterstützung von Ärzten, sie belächelten die Frage nur. Bis 2005 versuchte ich mich mit Hautkrebs, was aber nur schwer möglich war, da Testproben nicht zu bekommen waren. Ein Arzt riet mir, ich solle mich doch mit dem Lungenkrebs beschäftigen, da dort die Krankheit oft viel zu spät erkannt wird. Jetzt war der Gedanke Lungenkrebs, doch wie soll ich den Geruch übertragen, um die Hunde zu trainieren? Ich versuchte alles Unmögliche und dachte Nächtelang nach, bis mir auf einmal mir die Alkohol- Teströhrchen bei der Polizei einfielen. Das war dann 2008.
Ich setzte mich mit dem Hersteller der Röhrchen in Verbindung und es wurden mir zur Geruchsaufnahme die Silicon und Kohleaktivröhrchen empfohlen. In einem Ballon, den ich auch erst ausfindig machen musste, wurde die Atemluft gesammelt – ca. 5l und danach das Röhrchen aufgesteckt und die Luft durch gedrückt. Damit hatte ich einen Geruchsträger, der luftdicht verschlossen wird und bei richtiger Lagerung jahrelang hält.
Wenn ich jetzt mit den Hunden hätte beginnen können, wäre es schön gewesen. Von Krankenhäusern wurde mir keine Unterstützung bei der Sammlung von Proben zugesagt. Durch Bekannte erfuhr ich von erkrankten Personen (Lungenkrebs) und bat diese mir eine Atemluftprobe zur Verfügung zu stellen. Meine Fahrten gingen bis nach Vorarlberg. Ende 2008 hatte ich genug positive Proben gesammelt und konnte mit fünf Hunden mit den Versuchen beginnen.
Es wurden acht Balken konstruiert, wo die Röhrchen eingebracht werden können, damit die Hunde es leichter haben. Zuerst hatten wir sie stehend angebracht, was sich als Fehler erwies, da sich Hundespeichel auf dem Röhrchen absetzte. Deshalb sind die Röhrchen nun schräg nach hinten zeigend angebracht und die Hunde arbeiten so leichter.
Im September 2009 hielten wir einen Kurs ab und von anfangs 54 Hundeführern, schafften es am Ende neun, den Hund bis März 2010 als fertigen Krebssuchhund vorzustellen. Auch wurde im März 2010 erstmals die Krebssuchhundestaffel vorgestellt. Seither arbeiten wir weiter und versuchen, unsere Arbeit immer mehr zu perfektionieren.
Es sind nun auch Urin- und Speicheltests dazugekommen, genau wie Blutserum, welches einzigartig auf der Welt ist und sehr viel aussagt. Wir sind dabei, mit Serum über den Zustand von Tieren eine Aussage zu erhalten (neu). Ich hatte auch ein Patent angemeldet, doch leider konnte ich es nicht mehr finanzieren und so hat eine Firma das Europapatent angemeldet. Die Forschung und Erarbeitung der Krebssuche mit Hunden hat mich Unsummen gekostet, (€ 1.200.- Hallenmiete monatlich, 5 Hunde und vieles mehr seit 2003) Es wurde alles selbst finanziert, ohne fremde Hilfe und bin sehr stolz darauf.
Heute habe ich mir ein kleines Ausbildungs- und Arbeitszentrum geschaffen, mit großem Auslauf für die Hunde. Wie ich oft höre und sehe, wird unsere Arbeit in vielen Länder kopiert, doch es sind schon noch Einzelheiten, die ich mir erarbeitet habe und die ich als Vereinsgeheimnis betrachte. Wir haben Probanden aus ganz Europa die uns über das Internet kontaktieren und ihre Proben einschicken möchten. Hier kannst du übrigens unsere Testsets bestellen.“
Wie läuft so ein Test ab und wie sicher sind die Resultate?
Es ist eine besonders sensible Tätigkeit, die unsere Hunde ausüben. Die Probanden senden uns Geruchsproben von Atem, Urin und Speichel zu. Auf besonderen Wunsch testen wir auch das Blutserum, was weltweit einzigartig ist.
Die Suche ist natürlich mit großer Verantwortung verbunden. Man stelle sich vor, ein Test kommt zu uns und es wird auf die Verlässlichkeit der Hunde vertraut. Es wird daher jeder Test in mehreren Durchgängen von verschiedenen Hunden getestet. Es sind je Balken 25 Proben angebracht, darunter auch positive Kontrollproben, die zur Überprüfung der Hunde eingesetzt werden. Jeder Test ist in einem Reagenzröhrchen eingebracht und sowohl Balken, als auch das Probenröhrchen werden nach jedem Hund desinfiziert. Nachdem es um die Testung der Gesundheit von Menschen geht, ist auch eine große Verantwortung mit der Suche verbunden. Daher wird jeder Test bis zu 15 mal von verschiedenen Hunden überprüft. Erst am Ende der Testung, die an mehreren Tagen durchgeführt wird, wird ein Testbericht aufgrund der Aufzeichnungen an die Probanden versendet.
Wenn die Testung positiv ist – was in ca. 10 % der Fall ist, kommen unzählige Fragen : Was nun? Wo soll ich hingehen? Natürlich sind die Tests verschieden und oft kann aufgrund der Anzeige schon in einer Richtung eine Vermutung ausgesprochen werden. Z.B. wenn die Urin-Probe positiv getestet wird, ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass im Unterleib etwas vermutet wird. Es gibt auch verschiedene Anzeigen. Bei einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung zieht es die Hunde wie ein Magnet zu der Probe uns so wird der Test mit einem hohen Prozentsatz beziffert.
Es sind nicht alle Hunde gleich, besonders der genaue, langsame Sucher findet auch die geringsten Geruchspuren, die zumeist als eine Erkrankung im Frühstadium hinweisen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, dass die Hundeführer ihre Hunde lesen lernen. Jeder ist anders in der Anzeige, doch wichtig ist, dass eine Vertrauensbasis zum Hund besteht.
Worauf muss man beim Training achten und wie wird es gestaltet?
Die Ausbildung dauert je nach Hund und Hundeführer, es kommt darauf an, wie gut sie aufeinander eingestellt sind und Neues erlernen. Um eine große Sicherheit bei den Hunden zu erlangen, ist eine Ausbildungszeit von 6 bis 12 Monaten erforderlich. Es kommt auf die Wochenstunden an, die Hunde ermüden nach ca. 15 Minuten Suche und benötigen eine Ruhezeit von ca. 1,5 bis 2 Stunden.
Wie anfangs gesagt, der Hund muss mit Freude bei der Suche sein. Für ihn ist es ein Spiel, das am Ende mit einen Leckerli belohnt wird. Die Hunde sollen einen ausgeprägten Geruchsinn haben – daher ist eine lange Hundenase von Vorteil, denn je länger die Nase, desto mehr Geruchsrezeptoren hat sie. Ich lege keinen Wert auf eine Hunderasse – die vorgenannten Voraussetzungen sind wichtig.
Ich habe derzeit drei Hunde aus Tierheimen. Einen Labi-Mix, einen Münsterländer-Mix und einen Schäfer-Mix. Sie sind schon seit 2009 bei mir und haben noch immer große Freude, wenn das Kommando kommt „Wir gehen jetzt arbeiten“. Die Hunde kommen aus dem Ruhemodus zur Sucharbeit. Der Weg führt über eine Stiege und vorher kommt die Ansprache. Auch hier muss vom Hundeführer viel Freude und Such-Lust ausgestrahlt werden, was sich auf den Hund überträgt und so die Suche zumeist erfolgreich ist.
Die Suche mit den Hunden ist immer ein Zusammenspiel zwischen Hund und Hundeführer. Es ist wichtig, den Hund zu beobachten, was will er mir anzeigen. Auch hier ist es, wie schon erwähnt, verschieden.
In welchem Stadium der Krankheit kommen die Hunde zum Einsatz und was sind die Vorteile?
Der Testbericht, der an den Probanden über die Suche übermittelt wird, ist eine wichtige Antwort und eine verantwortungsvolle Aufgabe. Das Fundament ist die Hundenase und was der Hund mir anzeigt muss ich richtig erkennen und dokumentieren. Es ist daher wichtig, dass man an die Anzeige glaubt und dem Hund vertraut. Immer wieder kommen Test herein, wo sich Ärzte nicht sicher sind und die Probanden schreiben uns, dass sie den Hunden vertrauen. Das ist ein wichtiger Teil unserer Tätigkeit.
Auch nach einer OP kommt oft die Frage: „Es kann noch nichts diagnostiziert werden, bitte schauen sie mit den Hunden“. Oft kommt es vor, dass die Hunde eine Anzeige tätigen, doch es sind keine Symptome erkennbar, weshalb auch keine Diagnose erstellt werden kann. Hier bewegen wir uns bei der Früherkennung von Erkrankungen, die uns sehr belasten. Es kommt der Rückruf – die Ärzte können nichts feststellen – was nun?
Leider ist die moderne Medizin noch nicht soweit, dass diese Erkrankung im Frühstadium erkannt werden kann. Hier ist nun das Vertrauen in die Hundenase gefragt. In vielen positiven Fällen kommt nach Monaten der Rückruf „ich habe einen Tumor, der nun auch erkennbar ist“, leider oft auch sehr spät.
Die Arbeit mit den Krebssuchhunden wird immer wieder bestätigt, mit Schreiben „Danke an die Hunde das ich noch lebe!“ Es sind Probanden dabei, die jahrelang mit einer schweren Erkrankung leben mussten, wie z.B. eine Frau in Tirol mit einem Tumor an der Leber und eine Frau in Deutschland mit zwei Tumoren an der Blase. Bei beiden wurde die Erkrankung nicht erkannt, nicht geglaubt, es ging sogar so weit, das sie einige Zeit für nicht geistig normal erklärt wurden. Bei beiden war der Urin belastet und nur durch Drängen führte man genauere Untersuchungen durch.
Der Vorteil unserer Arbeit liegt in der Früherkennung von Erkrankungen. Auch rechtzeitige medizinische Unterstützung kann viel Leid ersparen. Die Nachsuche nach einer Operation ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil unserer Tätigkeit.
Was sind deine Wünsche und Ziele für die Zukunft?
Wenn die Zeit es zulässt, möchte ich ein Buch über mein bewegtes Leben schreiben. Meine Arbeit wurde auch vom Land anerkannt und ich habe das silberne Verdienstabzeichen verliehen bekommen. Auch der Herr Bundespräsident hat mich und meine Hunde persönlich belobt. Darauf bin ich sehr stolz.
Wünschen würde ich mir, dass die Medizin endlich eine Maschine erfindet, die der Hundenase gleich kommt und Erkrankungen früher erkannt werden können. Schön wäre es auch, dass das Hundeleben länger dauern würde. Es ist immer wieder schlimm, einen Partner zu verlieren, mit dem man Jahre gemeinsam gearbeitet und gelebt hat.
Zurzeit versuche ich mit der Natur zu leben, in einem Häuschen am Waldrand, mit einer Futterstelle für Vögel aller Art, Eichkätzchen, Fasane und Igel. Eigentlich denke ich oft, das ich alles, was ich jetzt sehe, Jahrzehnte lang übersehen habe. Die Meisen sind so frech. Wenn kein Futter im Häuschen ist, klopfen sie an der Tür oder am Fenster und wenn ich, so wie jetzt, im Arbeitsraum sitze, zwitschern sie vor dem Eingang, mit der Deutung wir haben Hunger. All die Kleinigkeiten des Lebens, die wir zu oft übersehen, machen für mich seinen Zauber aus.
Vielen Dank an Tanja und Wolfgang, dass sie sich die Zeit genommen haben, uns ein wenig mehr über ihre Arbeit zu erzählen. Wenn du Interesse hast, mehr zu dem Thema zu erfahren, dann schau am besten mal auf der Website www.krebssuchhunde.at oder bei Facebook vorbei.
Und hier auch noch einmal der Link, wo du dein Testpaket bestellen kannst.
Danke für das interssante Interview. Ein spannendes Thema. Vielen Menschen könnte so sicher viel früher geholfen werden.
Hi Ines,
vielen Dank für dein Feedback. Es freut mich, dass der Artikel dir gefällt. Ja, ich hoffe auch, dass auf diese Art den Menschen früher geholfen werden kann. Auch ich habe, wie wahrscheinlich viele Menschen, das Thema Krebs bereits in der eigenen Familie erlebt. Es würde mich freuen, wenn die Krankheit dank der Hunde bei mehr Menschen früher erkannt und behandelt werden kann.
Liebe Grüße,
Franziska & das Lieblingsrudel
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