Aggressionsverhalten bei Hunden ist oft ein ernstes Problem, das man nicht einfach mit viel Liebe (oder Strenge) beseitigen kann. Wenn dein Hund irgendeine Form von Aggression zeigt, gibt es jedoch unterschiedliche Ansätze, wie du mit ein bißchen Geduld, Beharrlichkeit und einem Blick auf die Hundepsychologie, an dem Problemverhalten arbeiten kannst.
Bevor wir uns den eigentlichen Lösungsansätzen widmen, müssen wir erst einmal schauen, welche Formen von Aggressionen es bei Hunden gibt. Dieses Thema kann nämlich sehr komplex sein, deshalb möchte ich hier kurz ein paar Begriffe definieren.
Aggression ist ein Verhalten, dass darauf abzielt oder damit droht, einem anderen Schaden zuzufügen. Hierzu gehören Bellen, Knurren, Zähne fletschen, vorspringen, heftig anstupsen (wenn dein Hund dich mit der Nase anstößt), bis hin zum Beissen.
Dominanz wird oft falsch verstanden und auch falsch interpretiert, aber das ginge jetzt zu weit ins Detail. Im Allgemeinen beschreibt die Dominanz, welcher Hund zu welchen Ressourcen und in welcher Situation Zugang bekommt – nicht mehr und nicht weniger.
Dominanz ist keine Charaktereigenschaft, sondern zeigt sich nur in bestimmten Situationen. Demnach kann ein Hund auch nicht „dominant sein“. Dominanz ist ein recht veralteter Begriff, der heutzutage in der Hundeerziehung eigentlich keine Rolle mehr spielen sollte. Redet ein Hundetrainer von „Dominanz“ oder der „Alpha-Theorie“ mag es Sinn machen, sich nach einer anderen Hundeschule umzusehen.
Dies ist im Prinzip eine Form der Aggression, bei der es um Ressourcen, also Futter, Spielzeug, Aufmerksamkeit oder andere verteidigungswürdige Dinge geht. Bis zu einem bestimmten Level ist es ein absolut natürliches Verhalten. Du würdest dein Sandwich ja auch nicht gern mit einem Fremden teilen. Dennoch kann es im Alltag und Zusammenleben mit einem oder mehreren Hunden schnell ein Problem werden.
Dabei handelt es sich um die Entfernung oder die Heftigkeit, mit der ein Hund auf einen sogenannten Trigger reagiert. Sein Stresslevel, die Anzahl oder Intensität der Reize und viele andere Faktoren können die Reizschwelle beeinflussen.
Darunter versteht man den Auslöser für das aggressive Verhalten bei Hunden. Häufige Trigger sind: Artgenossen, Ressourcen, Autos, Jogger, Fahrräder oder Menschen, die sich merkwürdig verhalten.
Wenn man merkt, dass der eigene Hund eine Aggression entwickelt hat, möchte man natürlich zuerst wissen, warum das so ist. Denn meistens ist sie aus menschlicher Sicht völlig unbegründet und wir können nicht nachvollziehen, warum unser Vierbeiner in bestimmten Situationen ausrastet.
Aggressionen sind ein normales Verhalten, können aber im Alltag schnell zu einem Problem werden, wenn der Hund es übertreibt. Dabei sind es weder bestimmte Rassen, die verstärkt aggressiv sind und auch keine angeborene Charaktereigenschaft. Das Verhalten eines Hundes wird immer durch seine Gene, aber auch die Umwelt, beeinflusst. Auch die Erziehung als Welpe kann einen Einfluss darauf haben, welches Aggressionspotential in deinem Hund steckt.
Um den Hintergrund einer Aggression und damit die richtige Herangehensweise zu erkennen, ist es wichtig, sich zuerst die Situation anzuschauen. Verteidigt der Hund eine Ressource, hat er Angst oder reagiert er aggressiv, weil er es so gelernt hat? Bevor du das Problem mit Training angehst, musst du dir über den Auslöser und Grund im Klaren sein.
Lesetipp: Blogartikel „Warum knurrt mein Hund“
Diese Anregungen kannst du einsetzen, egal wie ernst das Aggressionsverhalten deines Hundes ist. Es geht hier nicht um schnelle Erfolge, sondern um ein nachhaltiges Training, das mitunter sehr zeitintensiv werden kann – je nachdem, wie schlimm das Problem bei deinem Hund ausgeprägt ist. Außerdem empfiehlt es sich bei schweren Fällen – wie oben im Disclaimer bereits angedeutet, professionelle Hilfe dazu zu holen.
Dein normaler Hundetrainer ist bestimmt nur selten auch ein Spezialist für Aggressionsverhalten, deshalb such dir am besten einen Verhaltensexperten, der dir beim Training unter die Arme greift. Trainer, die auf Korrekturen setzen, können dafür sorgen, dass dein Hund entweder verängstigt wird oder sich die Aggression noch steigert. Es kann auch sein, dass du mit falschen oder unangebrachten Korrekturen das Verhalten nur unterdrückst und die Emotionen, die dahinter stecken (also die Ursache des Problems) gar nicht verändert werden. Hier kann der Hund zu einer tickenden Zeitbombe werden.
Der erste und wichtigste Schritt im Training mit einem aggressiven Hund ist, sicher zustellen, dass alle Beteiligten in Sicherheit sind. Dazu musst du folgendes beachten:
Der allererste Schritt ist, herauszufinden, welche Trigger deinen Hund zum Ausrasten bringen und wo seine Reizschwelle liegt, ohne dabei irgendwen in Gefahr zu bringen. Wenn du das bereits weisst, umso besser. Wenn nicht, beobachte deinen Hund in den entsprechenden Situationen ganz genau. Am besten machst du ein paar Videos von den Situationen, damit du dir hinterher alles in Ruhe anschauen kannst. Es kann auch helfen, das Ganze in einem Notizbuch festzuhalten. Achte dabei nicht nur auf das was du siehst, sondern nimm auch deine anderen Sinne dazu, z.B. Geräusche oder Gerüche.
Nimm dir auch Zeit, die Warnsignale deines Hundes kennen zu lernen. Die meisten Hunde zeigen bereits lange vor der eigentlichen Aggression Verhaltensänderungen. Sinnvoll ist es auch, sich einmal eingehender mit den sogenannten Beschwichtigungssignalen von Hunden zu beschäftigen.
Je besser du die Körpersprache deines Hundes kennst, desto einfacher wirst du in der Lage sein, seine Stimmungen schnell zu bemerken und kannst von dort Strategien entwickeln, wie du es ihm in bestimmten Situationen einfacher machen kannst.
Spannt sich der Körper deines Hundes an, spitzt er die Ohren oder stellt er Rute und Nackenfell auf? Das sind recht offensichtliche Anzeichen dafür, dass er sich aufregt. Oft ist es aber auch nur eine angespannte Maulregion und abstehende Barthaare oder vergrößerte Pupillen, die darauf hinweisen, dass dein Hund emotional reagiert.
Wenn du die Auslöser der Aggression festgestellt hast, ist es an der Zeit, ein paar Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, bevor du mit dem eigentlichen Training beginnst. dazu gehört z.B. ein Maulkorb oder eine Abgrenzung bestimmter Bereiche.
Das Hauptziel beim Training ist in erster Linie einmal, dass die Trigger, also Auslöser für das Aggressionsverhalten, vermieden werden und niemandem etwas passieren kann. Im nächsten Schritt werden wir den Hund Stück für Stück an die Trigger heran führen.
Nachdem du im ersten Schritt für die Sicherheit aller Beteiligten gesorgt hast, kommen wir nun dazu, das Stresslevel deines Hundes zu verringern. Viele Hunde sind körperlich oder geistig unterfordert, was dazu führt, dass sie gestresst sind und in schwierigen Situationen impulsiver und heftiger reagieren. Auch Aggression ist ein Form des Stressabbaus.
Wenn du also das Stresslevel deines Hundes reduzierst, wirst du das Training damit leichter machen, weil du in der Regel einen besseren Zugang zu deinem Hund findest und er in einen Zustand kommt, in dem er lernen kann. Stress beeinflusst das Gehirn und den Lerneffekt negativ.
Es gibt 5 Faktoren, mit denen du das Stresslevel deines Hundes beeinflussen kannst:
Wie du deinem Hund bei diesen Punkten helfen kannst, werde ich kommende Woche in einem separaten Beitrag schreiben, da die Möglichkeiten hier vielfältig sind und das jetzt den Rahmen sprengen würde. Den Artikel verlinke ich dir dann an dieser Stelle.
Wenn du dafür gesorgt hast, dass dein Hund körperlich und geistig ausgelastet und gesund ist, können wir zum ersten wirklichen Trainingsschritt übergehen. Wenn du Schritt 1 und 2 befolgt hast, wirst du vielleicht schon eine Veränderung im Aggressionsverhalten deines Hundes sehen. Doch jetzt fängt die Arbeit erst richtig an.
Manche Leute machen den Fehler, jetzt schon aufzuhören. Das mag in Ordnung sein, wenn das Problemverhalten noch nicht so stark ausgeprägt war. Aber wenn du deinen Hund wirklich nachhaltig ruhiger machen und in schwierigen Situationen entspannter machen möchtest, solltest du dich der Desensibilisierung und Gegenkonditionierung widmen.
Was sich so schwierig anhört, ist im Grunde genommen einfach nur, dass du nun sehr langsam die Trigger dazu bringst, die bei deinem Hund das unerwünschte Verhalten auslösen. Zunächst erst mal in kleinen Dosen, wir wollen nicht, dass dein Hund aggressiv wird, und dabei zeigst du ihm, dass es IMMER etwas Positives bedeutet, wenn diese Trigger auftauchen.
Nehmen wir mal das Beispiel eines futteraggressiven Hundes (nennen wir ihn mal „Oskar“), der beim Anblick eines Artgenossen völlig ausrastet. Bis zu einem Abstand von ca. 10 Metern ist die Anwesenheit des anderen Hundes für ihn in Ordnung, aber wenn er näher kommt, spannt Oskar sich an und dreht auf, je näher der andere Hund seinem Napf kommt.
Hier könnte man wie folgt vorgehen:
Oskar lernt, dass es gut ist, wenn ein anderer Hund sich seinem Napf nähert, denn es fliegen dann immer Würstchen. Super, oder?
Zwei Dinge sind bei diesem Training besonders wichtig: Es dauert einfach seine Zeit und der Trigger sollte immer dafür sorgen, dass die Würstchen fliegen. Erwarte nicht von deinem Hund, dass das Problem in einem Tag, ein paar Wochen oder sogar einem Monat verschwunden sein wird. Habe Geduld und gehe nicht zu schnell zum nächsten Schritt über.
Endlich ist es an der Zeit, mal zu überlegen, was dein Hund als alternative Verhalten zeigen kann, anstatt aggressiv zu werden. Bevor du zu diesem Schritt übergehst, solltest du jedoch bis zum Erbrechen Schritt 3 geübt haben.
Solange dein Hund den Auslöser seiner Aggression noch fixiert, ist es zu früh, ein Alternativverhalten zu etablieren. Warte bis dein Hund in der Lage ist, den Trigger zu akzeptieren und entspannt zu bleiben, statt in die Luft zu gehen.
Lass uns zurück zu unserem Beispiel Oskar gehen. Oskars Besitzer möchten gern, dass er lernt, auf Kommando Futter abzugeben. Außerdem würden sie es gut finden, wenn beide Hunde auf das Zeichen hin in ihre Bettchen gehen, statt sich über das Futter im Napf zu streiten.
Teil 1:
Teil 2:
Das Alternativverhalten zu trainieren kann eine ganze Weile dauern. Geh auf Nummer sicher und nimm nur den nächsten Schritt in Angriff, wenn der vorherige bombensicher sitzt. Nur dann hat dein Hund auch eine Chance, gut zu lernen und seine Aggression abzulegen.
Sicherheit steht an allererster Stelle! Achte auf die Körpersprache deines Hundes und kenne sein Reizschwelle, Auslöser usw. Es ist keinem geholfen, wenn es zu Verletzungen oder einem bösen Beissvorfall kommt. Im Zweifelsfall nimm dir immer einen Verhaltensexperten für Hunde zur Hilfe!
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Danke für Ihren Artikel - ich habe ihn mit Interesse gelesen. Unser Hannoveraner Schweißhund kommt aus einem Shelter in der Slowakei. Er ist wunderschön und verfügt über eine brillante Nase. Er zeigt sich zu Herrle und Fraule äußerst liebevoll, genießt das Futter und hat aufgehört, nach den Leckerlis zu schnappen, da ja keine "Konkurrenz" mehr vorhanden ist. Der Rüde ist 9 Jahre alt und ein Muskelpaket. Sollte er auf einen anderen Rüden treffen, reagiert er mit ausgeprägter Aggressivität und geht auf den anderen Rüden los. Wir wissen nicht, ob er beißen würde, da wir in diesem Fall ihn mit der Leine, die wir ausgelassen haben, ihn zurückholen. Darüber sind wir nicht glücklich und meiden Wege, bei denen wir mit Rüdenkontakten rechnen. Wir haben schon an Maulkorb oder Halti gedacht, auch ein Hundetraining wurde organisiert, jedoch waren es 10 Hunde unterschiedlicher Rasse und Alters mit Haltern, die Situation gestaltete sich für alle Beteiligten nervenaufreibend, auch wegen der körperlichen Kraftanstrengung des Festhaltens an der Leine. Unser Rüde war nach diesem ersten Training so gestresst, dass er zuhause nur noch schlafen wollte. Vielleicht kann mir jemand einen Rat geben. Er geht gut an der Retrieverleine und der Schleppleine, ist freilaufend im eigenen Revier abrufbar zu etwa 80 %. Vielen Dank schon einmal im Voraus.
Hallo Edelgard,
vielen Dank für deinen Kommentar. Leider ist es nicht besonders hilfreich, Tipps zu geben, wenn man den Hund nicht kennt und in der jeweiligen Situation nicht beobachten kann. Die Aggression kann viele Gründe haben, die ich auf die Entfernung gar nicht einschätzen kann. Ich glaube, ein Maulkorb ist eine gute Idee. Darüber hinaus ist Hundetraining wahrscheinlich die beste Möglichkeit. Vielleicht wird er nie großer Fan von anderen Hunden, aber wenigstens so, dass es für alle entspannter wird. Ich wünsche dir viel Erfolg.
Liebe Grüße,
Franziska & das Lieblingsrudel ♥