Ich weiß, wie unglaubwürdig das klingt, aber: Ja, ich hatte mal riesige Angst vor Hunden! Irrational, das weiß ich heute! Doch damals war sie sehr real und im Alltag oft sehr einschränkend. Straßenseite wechseln, Herzinfarkte und Schweißausbrüche, wenn hinter einen Hoftor plötzlich etwas bellte und von Begegnungen mit unangeleinten Hunden in Parks und Wäldern brauchen wir gar nicht erst sprechen. Wie ich meine Angst vor Hunden überwunden habe, erzähle ich dir heute.
Wenn uns heute ein freilaufender Hund begegnet, kann ich meist schon von Weitem einschätzen, wie er drauf ist. Im Zweifelsfall weiß ich, ob der Satz „der will nur spielen“ wirklich ernst zu nehmen ist oder nicht. Doch damals, als ich mit Hunden nur wenig zu tun hatte, konnte ich keine Mimik oder Körpersprache des Hundes einschätzen. Durch ein Erlebnis als Kind, das im Nachhinein betrachtet wirklich nicht gefährlich war, hatte ich bis zu meinem 12. Lebensjahr panische Angst vor Hunden. Pferde hingegen waren kein Problem, obwohl die ja viel größer sind…
Doch der Auslöser der sogenannten Kynophobie (der Angst vor Hunden) kann von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich sein. Die Symptome sind jedoch oft die gleichen: das Herz schlägt schneller, man bekommt Schweißausbrüche, feuchte Hände und anderen Anzeichen einer echten Panik.
In vielen Fällen von Kynophobie ist es wie bei mir, die Angst ist in der Kindheit entstanden. Ich war mit vielleicht 8 Jahren allein im Innenhof spielen, als sich plötzlich die Hintertür vom Nachbarhaus öffnete und ein Jack Russel Terrier herausgeschossen kam. Ich weiß noch, dass ich gerade gedankenversunken mit irgendwas auf dem Boden spielte, der Idefix kam angerannt und sprang begeistert an mir hoch. Alles was ich gesehen habe, war sein Maul auf Augenhöhe, eine fliegende Zunge und jede Menge Zähne in Nahaufnahme. Ich hab mich so erschrocken, dass ich jahrelang die Angst nicht überwinden konnte.
Bei vielen anderen Menschen, die unter Angst vor Hunden leiden, wurde der Grundstein dafür aber auch durch die Angst der Eltern sozusagen „in die Wiege gelegt“. Wenn Eltern bei einer Hundebegegnung nervös oder panisch werden, überträgt sich das ganz schnell auf das Kind, das sein Leben lang Hunde als Gefahr abspeichern wird. Richtige Beißattacken oder andere böse Vorfälle sind nur sehr selten der Grund, dass jemand Angst hat. Jedoch können natürlich auch die Medien und Berichte über solche Vorfälle dafür sorgen, dass jemand Angst vor Hunden bekommt.
Schlimm ist als Betroffener am meisten dieser ständige Spießrutenlauf. Freunde und Familie neigen dazu, die Angst nicht ernst zu nehmen und verunsichern durch ständiges Einreden auf den Betroffenen meist noch mehr. Der will nämlich eigentlich nichts weiter, als Hunden am besten komplett aus dem Weg zu gehen. Jedoch trifft man heutzutage immer mehr Hunde, auf der Straße, im Park, einfach in fast allen Situationen. Von daher lässt sich das nur schwer vermeiden. Wenn die Phobie richtig schlimm wird, kann derjenige sogar anfangen, sich immer mehr zurückzuziehen und das Haus so wenig wie möglich zu verlassen.
Dabei sind all die Bilder, die wir im Kopf haben, völlig falsch. In Wirklichkeit sind die meisten Hunde sanftmütige und freundliche Wesen. Und einen Hund streicheln schüttet ja bekanntlich das Glückshormon Oxytocin aus, das sollte man sich nicht durch Angst nehmen lassen müssen. Deshalb hier ein paar Tipps von mir, wie du deine Angst vor Hunden bekämpfen kannst.
Die Wurzel einer Angst liegt meist im Unbekannten. Was wir nicht deuten können, verunsichert uns und wenn zu dieser Verunsicherung noch eine Art Bestätigung kommt (z.B. durch Medien oder eigene Erfahrungen), wird ganz schnell eine echte Angst daraus. Nun ist es so, dass die Körpersprache von Mensch und Hund in vielen Punkten sehr gegensätzlich ist, was dazu führt, dass auch Begegnungen mit Hunden meist nicht so positiv verlaufen. Die komische Körpersprache und der Geruch nach Stresshormonen zieht Hunde magisch an. Für jemanden, der Hundekontakt am liebsten vermeiden würden, an sich schon ein schlimmes Erlebnis, wenn sich der Hund nur nähert und schnuppert.
Die meisten Hunde nähern sich Menschen mit Angst nur sehr vorsichtig, vielleicht sogar ein wenig misstrauisch, wenn sie merken, dass der Mensch sich komisch verhält. Das liegt daran, dass der Hund nicht weiß, was der Auslöser der Angst ist. Er kann sich einfach nicht vorstellen, dass er selbst der Grund sein könnte und kommt näher, um herauszufinden, warum der Mensch so komisch ist. Durch die angespannte Körpersprache des Menschen wird auch der Hund angespannt sein. Schaut man den Hund dann direkt in die Augen, kann es durchaus vorkommen, dass dieser verunsichert wird und knurrt oder die Zähne zeigt. Damit wäre das Klischee im Kopf wieder bestätigt und die Angst ein kleines Stück verstärkt.
Regel Nummer 1, wenn man einem Hund begegnet: Nicht in die Augen schauen! Am besten ignorieren! Ja, ich weiß, dass klingt einfacher als es ist. Wenn man die Gefahr nicht im Auge behält, könnte man ja einen Angriff verpassen und nicht rechtzeitig fliehen oder sich verteidigen können. Leider ist es nur so, dass in der Hundesprache ein direktes in-die-Augen-starren eher als Drohung aufgefasst wird. Der Hund könnte darauf unsicher oder aggressiv reagieren. Auch ein Lächeln von dir könnte vom Hund als Aggression fehlinterpretiert werden.
An der Körpersprache des Hundes kannst du erkennen, wie er sich gerade fühlt. Wirkt er sehr angespannt mit steil nach oben stehender und wedelnder Rute? Ein Wedeln muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Hund freundlich ist. Es kann auch innere Anspannung und Aufregung bedeuten. Gesträubtes Fell, angelegte Ohren und angespannter gesichtsausdruck sind ebenfalls Anzeichen dafür, dass du lieber die Finger von dem Hund lassen solltest.
Tipp:
Drehe dem Hund deine Seite zu und ignoriere ihn. Du kannst dir auch über die Lippen lecken, das bedeutet in der Hundesprache ein Beschwichtigungssignal und zeigt dem Hund, dass von dir keine Gefahr ausgeht. Dann hast du eigentlich nichts zu befürchten.
Als Allererstes: Lauf niemals vor einem Hund davon! Damit löst du nur den Jagd- und Hetztrieb aus und gewinnen kannst du in den seltensten Fällen. Bleib einfach ruhig stehen und warte ab. Keine hektischen Gesten oder wildes Geschrei, das zieht den Hund nur an. Laufe nie von hinten oder direkt von vorn auf einen Hund zu. Mach lieber einen kleinen Bogen und wende dem Hund die Seite zu. Frontale Begegnungen wirken auf den Hund drohend.
Fremde Hunde nie einfach so anfassen, besonders wenn der Besitzer nicht dabei ist. Generell kann man sagen, wenn der Hund Kontakt aufnehmen möchte, wird er es von sich aus tun. Du solltest also nicht auf Zwang versuchen, deine Angst damit zu überdecken, dass du den Hund streicheln möchtest. Einfach ignorieren!
Wenn du mit einem Hund versuchen möchtest, deine Angst zu bekämpfen, bitte auf jeden Fall den Besitzer um Unterstützung. Er kennt seinen Vierbeiner und kann seine Stimmung einschätzen. Berühre ihn nicht von oben, sondern eher seitlich und streichle ihn an der Seite oder unter dem Kinn. Wenn du mit ihm spielst, achte darauf, dass die Zähne immer weit genug weg sind von deiner Hand. Im Eifer des Spiels kann der Hund auch mal versehentlich daneben „greifen“ und dich in den Finger zwicken.
Bei mir persönlich ist es damals einfach passiert, weil ich ins kalte Wasser gesprungen bin. Wir waren immer mit zwei anderen Familien im Sommerurlaub, von denen sich ein Pärchen in einem der Urlaube einen kleinen Cocker Spaniel Welpen gekauft hat. Da ich mit meinen 12 Jahren des älteste Kind war, sollte ich am Abschiedsabend auf den kleinen Welpen aufpassen, während die Erwachsenen zusammen essen gegangen sind. Wer kann schon einem niedlichen Welpen widerstehen?
Auch nach dem Urlaub habe ich für den kleinen Sandor den Hundesitter gemacht. Ich bin jahrelang jeden Tag nach der Schule zusammen mit ihm Gassi gegangen, während seine Besitzer arbeiteten. Dadurch bin ich natürlich auch in Kontakt mit anderen Hunden gekommen und konnte nach und nach lernen, die Körpersprache zu verstehen. Dadurch, dass ich Hunde meist recht gut einschätzen kann, brauche ich mir also keine Sorgen zu machen.
Die meisten Leute, die Angst vor Hunden haben, schaffen es jedoch nur selten allein, diese zu bekämpfen. Zum einen weil die Kynophobie von vielen immer noch nicht ernst genommen wird, zum anderen weil man sich natürlich nur ungern seinen Ängsten stellt. Es gibt einige Hundetrainer, die helfen können, wenn du in dieser Situation bist. Oder du suchst dir einen Therapeuten. Glaub mir, das ist es wert! Selbst wenn du nie der größte Hundefan wirst oder wie ich mit zwei echten „Monstern“ endest, so brauchst du wenigstens nicht mehr im Park und auf der Straße permanent Ausschau halten und Schneckenlinien laufen.
An dieser Stelle kann ich dir den Artikel „Unser bester Freund – warum Hunde uns so gut tun“ ans Herz legen. Da findest du auch noch jede Menge gute Gründe, deine Angst vor Vierbeinern abzulegen.
Die Kynophobie lässt sich am besten in kleinen Schritten heilen, die man jedoch in einen relativ kurzen Zeitraum umsetzen kann. Die meisten Betroffenen sind nach 8-12 Wochen Therapie geheilt. Hier die einzelnen Traininsschritte:
Es lohnt sich wirklich, die Angst vor Hunden zu bekämpfen, wenn du darunter leidest. Es ist nicht unmöglich! Und wer weiß, vielleicht endest du ja auch mit deinem eigenen kleinen Lieblingsrudel, so wie ich! 😉
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