Du gehst mit deinem Hund an der Leine spazieren und plötzlich kommt ein fremder Hund auf euch zugeschossen. Weit und breit ist kein Besitzer zu sehen. Die meisten Hundehalter waren schon einmal in einer solchen Situation. Ob das Ganze gut ausgeht oder in einem Desaster endet, hängt viel von dir ab. Deshalb möchte ich dir heute von drei Vorfällen berichten, die mir selbst passiert sind und die ich mit meinem Lieblingsrudel perfekt gemeistert habe. Weil ich selbst besonnen und ruhig reagiert habe.

Regelmäßig lese ich in Facebook-Gruppen Hasstiraden von Hundehaltern, die gerade eine unkontrollierte Begegnung mit fremden Hunden hatten und sich fürchterlich über den anderen Hundebesitzer aufregen. Ich kann das verstehen, war ich doch selbst schon oft genug in der Situation, dass ein fremder Hund sich meinen beiden (die angeleint waren) genähert hat. Aber es muss nicht immer ins Auge gehen, denn wie die Begegnung verläuft hat viel damit zu tun, wie DU reagierst.

"Die regeln das unter sich!"

Natürlich kann ich meine Hunde das regeln lassen. Gar keine Frage! Meist ist es ja zwei gegen einen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir als Sieger aus der Sache raus gehen, ist also relativ hoch. Dennoch besteht auch für meine Hunde ein enormes Verletzungsrisiko, denn bei einer Beißerei unter Hunden können natürlich auch meine Hunde verletzt werden. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass ich es für absolut kontraproduktiv halte, wenn meine Hunde die Verantwortung in solchen Situationen tragen, möchte man sowas natürlich vermeiden.

Ich finde es meist bemerkenswert, wenn mir der andere Hundebesitzer sagt: „Die regeln das schon unter sich!“ Ich frage mich wirklich, was in den Köpfen solcher Menschen vorgeht. Wie kann man ernsthaft glauben, dass zwei gegen einen nicht für den eigenen Hund nach hinten los geht?

Ich sehe es als meine Verantwortung als Rudelchef, dass ich solche Situationen für meine Hunde regele. Denn ich bin verantwortlich für die Sicherheit meines Rudels, egal wie groß und stark meine Hunde sind. Ich möchte nicht, dass sie lernen, solche Sachen auf Hundeart zu regeln! Dann machen sie das nämlich auch beim nächsten Hund und beim nächsten und beim nächsten…

"Hunde sollten sich immer ohne Leine begrüßen!"

Generell stimme ich dieser Aussage zu, allerdings sollte man natürlich vorher abklären, ob eine Hundebegegnung überhaupt erwünscht ist. Ein Hund könnte verletzt sein, sich von einer OP erholen, die Hündin ist heiß oder mag keine anderen Hunde. All das sind Gründe, warum eine Hundebegegnung in dem Moment nicht erwünscht ist. Das muss man akzeptieren und es hat auch mit Respekt zu tun. Nicht alle Hunde sind gleich und nur, weil deiner Artgenossen mag, heißt das noch lange nicht, dass alle Hunde so sind.

Der Vorfall, von dem ich jetzt berichte, ist schon ein paar Jahre her. Püppi war noch relativ neu bei uns und gerade heiß. Nicht in der Standhitze, aber heiß genug, dass Murdoch sein Mädchen mit Argusaugen bewachte. Deshalb zockelte ich mit beiden an der Leine durch die Gegend, als uns plötzlich ein Hütehundmix begegnete, dessen Frauchen einige hundert Meter hinter im lief – telefonierend! Dass ihr Rüde mit geduckter Körperstellung, starrem Blick und langsamen Bewegungen auf uns zu kam, ignorierte sie. Körpersprachlich signalisierte der Rüde, dass er sich auf einen Angriff vorbereitete.

Ich realisierte noch, wie Murdoch ganz aufgeregt mehrfach meine Hand anstupste und reagierte ganz automatisch, indem ich beide Hunde auf die Seite nahm, die dem fremden Hund abgewandt war. So fungierte ich als menschliches Schutzschild zwischen meinen und dem fremden Hund. Als dieser ca. einen Meter an uns ran war, trat ich entschlossen einen Schritt auf ihn zu und schickte ihn mit einer ausladenden Armbewegung weg. Meine Hunde blieben (wie durch ein Wunder) hinter mir. Ich hätte es ihnen nicht mal verübelt, wenn sie den anderen Hund auseinander genommen hätten, denn seine Herangehensweise war von der Körpersprache her schon sehr respektlos, muss ich sagen. Frauchen knallte mir dann den bekannten Spruch an den Kopf und ging in ihr Telefon labernd weiter. Auf die konnte ich also nicht zählen.

Noch einmal trat ich auf den fremden Hund zu, meine beiden weiter hinter mir, und wurde laut: „Zieh Leine, mein Freund! Sonst knallt es!“ mit dem Hintergedanken, dass ich ihm gleich eins auf die Nuss gebe, wenn er sich weiter so frech verhält. Das funktionierte und er dreht tatsächlich ab. Wir konnten weiterlaufen. Natürlich war ich oberstolz auf meine Hunde und lobte sie ausführlich. Immerhin hätten sie das auch unter sich regeln können…

Hundebegegnung auf engem Raum

Dieser Vorfall passierte vor ein paar Jahren in unserem verlängerten Holland-Urlaub. Ich liebe Holland, aber eins geht mir doch gewaltig auf die Nerven: Der Platzmangel! Wenn man am Strand ist, ist es toll, aber die normalen Gassirunden sind schon manchmal sehr beengt.

So kam es, dass wir auf einem kleinen Pfad, der links und rechts dicht bewachsen war, einmal einem ungewöhnlich großen Schäferhundrüden begegneten. Meine beiden und auch der andere Hund waren an der Leine, ausweichen war unmöglich und so liefen wir geradewegs aufeinander zu. Man konnte deutlich sehen, dass sich die Hunde anspannten und auch bei uns Besitzern bestand eine gewisse Unsicherheit. Deshalb versuchten wir schon von Weitem freundlichen Kontakt zu den Besitzern des Schäferhund-Kolosses aufzunehmen und damit für eine freundliche Stimmung auch unter den Hunden zu sorgen.

Man konnte merken, dass Murdoch und Freya sehr beeindruckt waren von der Größe des Artgenossen und dieser leicht verunsichert war, weil zwei fremde Hunde auf ihn zukamen. Auch das Lieblingsherrchen und ich waren beeindruckt von der Größe und dem stattlichen Auftreten des Schäferhundes. Eine angespannte Situation, in der es leicht zum Konflikt kommen kann. Aber wir sprachen ruhig und freundlich (mit unseren paar Brocken Holländisch und ein paar englischen Worten) mit den Besitzern, die Hunde beschnüffelten sich kurz mit aufgerichteten Ruten und angespanntem Gesichtsausdruck. Dabei ließen wir alle die Leinen so entspannt wie möglich, nahmen dann die Hunde auf die Außenseite und gingen mit einen freundlichen „Tot ziens“ aneinander vorbei.

Das war eindeutig eine dieser Situationen, die mächtig ins Auge gegangen wäre, wenn wir Menschen nicht betont ruhig, freundlich und deeskalierend gewirkt hätten. Dazu muss man sich selbst unter Kontrolle haben und all die Horrorszenarien, die einem durch den Kopf gehen, beiseite schieben. Ich war total stolz auf meine beiden Spacken und natürlich wurden sie wieder mal ausgiebig gelobt.

Fremder Hund springt aus dem Gebüsch

Diese Geschichte ist gerade erst ein paar Wochen her. Ich war alleine mit Murdoch und Freya im Wald spazieren und da die Nasen der beiden sehr mit der Umgebung beschäftigt waren, beschloss ich, sie an die Leine zu nehmen. Ich hatte ja neulich in einem Artikel erwähnt, dass wir gerade ein kleines Jagdproblem haben und fleißig ein Anti-Jagd-Training absolvieren. Ich dödele also ganz zufrieden und entspannt mit den beiden Richtung Heimat, als ich plötzlich ca 10 Meter hinter mir lautes Krachen im Gebüsch höre. Ich dachte noch so: „Ach, du Scheiße! Wildschweine?“, drehte mich um. Hinter uns sprang ein wildgewordener Jagdhund aus dem Unterholz und spurtete auf uns zu.

Im ersten Moment dachte ich, er würde sich auf uns stürzen. Dann bemerkte ich den leicht verspackten Gesichtausdruck und hoffte, dass er einfach nur übermütig und zum Spielen aufgelegt war. Blitzartig ließ ich Murdochs Leine fallen und nahm Freya hinter mich. Die Püppi reagiert in solchen Situationen manchmal ein bißchen komisch und honoriert solch ein respektloses „Herantasten“ damit, dass sie sich auf den anderen Hund drauf setzt – also ihn unterwirft und sich drüber stellt. Da in solchen Situationen Murdoch dazu neigt, ihr unterstützend unter die Arme zu greifen, war es also besser, sie aus der Sache raus zu halten.

Ich sagte noch sowas wie „Na, du bist aber ein witzer Vollidiot! Wo ist denn dein Lieblingsrudel?“, da war er auch schon bei uns angekommen. Er setzte sich hin, wedelte ganz aufgeregt und ließ sich von Murdoch, der sich zu seiner vollen Größe aufgebaut hatte, beschüffeln. Begeistert schaute der fremde Hund mich an und mir war klar, dass er einfach nur ein junger Hund mit jeder Menge Übermut war, der uns hallo sagen wollte. Also entspannte ich mich, was auch Murdoch und Freya ein wenig runterbrachte und es ging alles gut.

Wenige Minuten später waren auch schon die Besitzer da, zwei Jungs aus dem Dorf, die kleinlaut ihren Jungspund einsammelten. Sie waren wohl gerade beim Training gewesen, als der Racker uns auf der anderen Seite des Feldes erspähte, sich umdrehte und weg war. Als wir weitergingen, war ich voller Adrenalin, aber auch unheimlich stolz auf meine Hunde, dass sie (mal wieder) eine brenzlige Situation so toll gemeistert hatten. Das liegt sicher auch daran, dass sie so etwas noch nie „unter sich regeln“ mussten. 😉

Es kommt darauf an, wie DU reagierst

Bei allen drei Geschichten fällt dir vielleicht auf, dass sie auch ganz anders hätten enden können, wenn ich nicht aktiv deeskalierend gewirkt hätte. Zwei Hunde an der Leine zu haben ist zwar etwas anderes, als wenn es nur einer ist, aber trotzdem ist es deine Aufgabe als guter Rudelchef, solche Situationen für deinen Hund zu lösen.

Häufig hört man jedoch, wie die Besitzer sich gegenseitig anschreien, Vorwürfe machen und belehrende Hundeweisheiten von sich geben. Ganz ehrlich? Es kann doch wirklich jedem von uns mal passieren, dass der eigene Hund sich aus dem Staub macht. Wenn das bei dir nicht der Fall, bist du der perfekte Hundeführer! In 95% der Fälle werde ich dir allerdings nicht glauben. Es sei denn, dein Hund hat sowieso kein Interesse an Artgenossen oder ist bereits so alt, dass er keinen gesteigerten Wert mehr auf Sozialkontakte legt. Unsere Hunde sind keine Maschinen und besonders in jungen Jahren doch oft unberechenbar. Ein bißchen Verständnis dem anderen Hundehalter gegenüber, wäre da manchmal wirklich angebracht, oder?

Und wie sollen die Hunde denn anders reagieren, als angespannt oder sogar aggressiv, wenn sie die Unsicherheit und Verärgerung ihrer Lieblingschefs spüren? Egal, wie du es handhabst, dein Hund wird sich auf deine Seite schlagen. Er bekommt entweder den Eindruck, dass Gefahr auf euch zu kommt oder dass du die Sache im Griff hast bzw. alles gut ist. Die Entscheidung liegt allein bei dir.