Jeder, der schon mal mit einem Hund älter geworden ist, wird das sicherlich bestätigen können: Irgendwann versteht man sich einfach blind und ohne Worte! Eine ganz besondere Verbindung, die für Außenstehende manchmal seltsam anmutet. Drei Beispiele aus meinem persönlichen Leben als Hundehalter möchte ich dir heute erzählen.

Das erste Mal, das mir sowas passiert ist, war mit meinem ersten eigenen Hund Herr Dr. Schröder. Er begleitete mich durch die wilde Studentenzeit und war immer mit dabei. Wir haben einfach alles zusammen gemacht und auch wenn es Anfangs oft Verständigungsprobleme gab, waren wir die dicksten Kumpels.

Einmal waren wir bei einer Party eines Freundes von mir. Es war eine der ersten Parties, zu denen ich Schrödi mitgenommen habe, das weiß ich noch. Überall in der Wohnung saßen Leute verteilt, die er teilweise kannte und teilweise nicht. Ich ging rum, begrüßte meine Freunde und warf meine Jacke in einem Zimmer in die Ecke. Dann ging ich mit Schrödi nach nebenan und setzte mich zu ein paar Freunden auf die Couch. Wir redeten und Schrödi setzte seinen Begrüßungs-Rundgang fort. Irgendwo fand sich bei solchen Zusammentreffen immer jemand zum Kuscheln oder Spielen und mit ein bißchen Glück gab es auch noch einen anderen Hund, mit dem man sich die Zeit vertreiben konnte. Normalerweise empfehle ich ja immer, erst einmal gemeinsam eine Runde Gassi zu gehen. Das ist hier nicht passiert, war aber okay, weil Schrödi als Punker-Hund das kannte, genau wie die anderen Hunde.

Bevor du fragst: Ja, ich war mal Punk! In meiner wildesten Jugendzeit. Alle möglichen Haarfarben und immer einen Konter auf den Lippen. Ich will da jetzt nicht näher drauf eingehen, immerhin könnte meine Mama das hier lesen. What goes on tour, stays on tour! Aber ich möchte mal am Rande erwähnen, dass es wirklich bei Punks relativ wenig Problemfelle gibt. Da kennen die Hunde es, dass sie in Wohnungen, auf Bauwagenplätzen oder eben bei Parties mit Artgenossen in Kontakt kommen, die sie vorher nicht kannten. Im Gegensatz zu manchen, vermeintlich gut erzogenen Wohlstands-Hunden, verläuft das Ganze dort meist auf respektvolle und stressfreie Art, weil die Hunde es kennen und entspannter miteinander umgehen. Es hat mich damals schon fasziniert, die Interaktion unter den Hunden zu beobachten. So, das aber nur am Rande und als kleine Reise in die Vergangenheit. Jetzt wollen wir diese Info ganz schnell wieder vergessen…

Zurück zu Schrödi und der Party. Irgendwann war er fertig mit Begrüßen und wohl auf der Suche nach einem entspannten Rückzugsort. Ich bemerkte, dass er zwischen mir und dem anderen Zimmer (in dem meine Jacke lag) hin und her wanderte. Dabei blieb er immer kurz bei mir stehen, schaute mich an und weil ich es nicht raffte, ging er wieder eine Runde herum. Nur um kurze Zeit später wieder fragend vor mir zu stehen. Irgendwann machte es bei mir klick. Ich sah ihn an und sagte: „Schrödi, geh doch rüber ins andere Zimmer und leg dich auf meine Jacke. Ich komme gleich.“ Dabei zeigte ich mit dem Finger auf die Tür. Ich stellte mir in Gedanken vor, wie er den Raum verließ, sich dreimal im Kreis drehte und es sich auf meiner Jacke gemütlich machte. Er blickte mir kurz in die Augen, drehte sich dann um und tat genau das! Was für einen hochbegabten Ersthund ich doch gehabt habe… ♥

Schrödi begleitete mich 12 Jahre lang durch die wilde Zeit und auch meine ersten beruflichen Schritte im Konzert- und Eventmanagement. Er war immer dabei und ich konnte mich voll und ganz auf ihn verlassen. Im Laufe der Zeit wurde unsere gedankliche Verbindung immer intensiver. Ich konnte ihm bei Konzerten (keine Angst, kein Heavy Metal) und Lesungen über die Distanz des ganzen Raumes mit nur einem Blick zu verstehen geben, dass er sich irgendwo hinlegen und jetzt nicht stören soll. Dafür wurde er aber auch hinterher beim Abbau grundsätzlich von allen Beteiligten mit einem schönen Ballspiel belohnt. Wir haben dann immer das Gaffa-Tape von der Bühne gerissen und einen Ball für ihn daraus geformt. Der wurde immer wieder über die Bühne geschossen und Schrödi freudig hinterher. Er hat Bühnen geliebt, weil sie für ihn immer positiv besetzt waren. Witzig!

Doch auch mit Murdoch passiert mir das Ding mit der Gedankenübertragung immer öfter. Vor einiger Zeit hatten wir ein Problem damit, dass er viel zu häufig wegen Nichts Alarm geschlagen hat. Und ich meine damit nicht das gelegentliche „Wuff“, sondern eine richtige Sirene. Klang komischerweise genau wie der Nachbarshund, der regelmäßig morgens um halb 7 das ganze Dorf aufweckte, wenn er vor die Tür ging. Genauso wie jedes andere Mal, wenn er zum Auskippen in den Vorgarten geschickt wurde.

Naja, Murdoch ist ein Sensibelchen und macht sich offensichtlich immer direkt Sorgen um sein Rudel. Es dauerte nicht lange und er hatte sich den heulenden Sirenenton des Jack Russels abgeguckt. So bekam ich regelmäßig einen mittleren Herzinfarkt, wenn ich hoch konzentriert vorm Rechner saß. Alle Versuche, ihm zu verstehen zu geben, dass er nicht so ein Theater machen soll, funktionierten nicht. Der Reiz des Alarm schlagenden Jack Russels (was für ein Organ…) war einfach zu groß. Im Laufe von fast zwei Jahren kamen dann nach und nach auch noch andere Reize dazu, die Murdoch mit der Sirene in Verbindung brachte. Das Klappern des Schlüsselbundes zum Beispiel oder das Klappen einer Autotür.

Vor einiger Zeit hieß es dann für uns, Zelte in Hamburg abbrechen und für ein paar Monate beruflich nach Holland. Gleichzeitig mit dem Wechsel der Umgebung plante ich einen neuen Trainingsansatz, um ihm das abzugewöhnen. Ich habe noch einmal im Laufe der Wochen und Monate verschiedene Taktiken ausprobiert, kann aber leider nicht genau sagen, welche funktioniert hat. Denn offensichtlich reichte auf Dauer schon das Fehlen der oben beschriebenen Reizquelle, um ihn wieder zu einem normalen und entspannten Hund zu machen.

Doch worauf ich hinaus will, ist meine Denkweise in der Zeit des Trainings in Holland. Denn jedes Mal, wenn einer dieser Schlüsselreize auftrat, war auch ich bereits darauf konditioniert, dass jeden Moment die Hölle losbrechen würde. Ich wartete praktisch schon darauf, dass Murdoch an die Decke geht. Selbst wenn der gar keinen Mucks von sich gab. Dann ging es gedanklich in mir immer so hin und her:

Ich musste also zuerst an mir selbst arbeiten und diese Schlüsselreize abstellen. Und dann dasselbe beim Lieblingsherrchen, denn der wartete auch schon darauf. Das war ein langer Weg, denn wir mussten unsere Reflexe echt unter Kontrolle kriegen. Wenn es bei uns nicht klappt, wie soll Murdoch dann ruhig bleiben können? Seit wir auf dem Bauernhof wohnen, ist Murdoch übrigens ein echter Dorfköter geworden. Wenn irgendwo ein Hund im Dorf bellt, lauscht er meistens nur. Manchmal antwortet er mit einem kurzen „Wuff“. Es ist so entspannt…

Bei Püppi fällt mir zum Thema Gedankenübertragung auch eine Geschichte ein, bei der es allerdings anders herum ist. Sie kann Gedanken in deinen Kopf schicken. Klare Anweisungen, von denen sie erwartet, dass sie befolgt werden. Jeden Abend zwischen halb 10 und 10 Uhr hat sie ein kleines Ritual, nach dem man fast schon die Uhr stellen kann. Dann ist Bettzeit!

Da wir gerade fleißig Renovieren, verbringen wir nur noch wenige Abende auf der Couch. Eigentlich hab ich seit 2 Monaten nicht mehr auf der Couch gesessen. Wir sitzen höchstens noch irgendwo auf unserem Gehöfft und schmieden Pläne. Püppi hat das aber noch nicht so ganz verstanden und kommt jeden Abend gegen 10 Uhr, um alle ins Bett zu bringen. Sie tritt dann würdevoll durch die Tür und läuft langsam, aber bestimmt bis zur Mitte des Raumes. Egal, was du gerade machst, du bekommst eine gedankliche Ansage: „ES IST ZEIT FÜRS BETT!!! KOMMT IHR BITTE?!?! SOFORRRRRRT!!!“ Natürlich reagiert keiner, aber sie hat Ausdauer.

Sie sitzt dann erwartungsvoll in der Mitte des Raumes und schickt konstant ihre Gedanken in deinen Kopf. Dabei sieht sie echt aus, wie ein Psychopath. In dem Artikel „Der hat doch ´ne Macke, der Hund“ habe ich das schon mal genauer betrachtet. Irgendwann müssen wir ja doch schlafen gehen, warum also nicht um 10.10 Uhr? 😉

Mit Püppi kann man aber auch komplette Unterhaltungen führen. So wie neulich, als ihr ehemaliges Frauchen uns besuchen kam. Die beiden hatten sich seit Püppis Einzug bei uns (1,5 Jahre) nicht mehr gesehen und ich war echt gespannt, wie sie reagieren würde. Die erste Begrüßung verlief mit einer Mischung aus Konfusion, Freude, überschwenglicher Begrüßung, Unsicherheit und Spielaufforderungen. Es war rührend zu sehen, wie sehr die beiden sich freuten.

Als wir wenig später in der Küche saßen und uns bei Kaffee und Kuchen gegenseitig auf den neuestens Stand brachten, saß Püppi die ganze Zeit neben ihrem ehemaligen Frauchen und starrte mich an. Die folgende Unterhaltung möchte ich hier wiedergeben, auch auf die Gefahr hin, dass du mich für verrückt erklärst. Wer meinen Blog ein wenig kennt, der weiß, dass ich das sogar ganz offen zugebe.

Dann legte sie sich auf die Füße ihres Ex-Frauchens und schnarchte zufrieden.