Als mein Lieblingsmensch heute morgen das Haus verlassen hat, wusste ich schon, dass etwas nicht stimmt. Das ist einer dieser Tage. Ich wollte ihn gar nicht gehen lassen, aber ich weiß, dass es keine Diskussion gibt. Trotzdem fällt es mir schwer, den ganzen Tag allein zu Hause zu sein. Manchmal habe ich zwischendurch Angst, dass mein Mensch gar nicht mehr zurück kommt.
In solchen Momenten muss ich mich beschäftigen. Da fehlt mir die Nähe zu meinem Lieblingsmenschen. Ich vermisse ihn einfach so sehr. Ohne mein Rudel kann ich doch nicht sein! Ich laufe unruhig durch die Wohnung und schaue mich um. Auf dem Couchtisch finde ich das Spielzeug, mit dem mein Mensch immer diesen flimmernden Apparat bedient. Wie herrlich das Ding nach ihm riecht. Ich nehme es vorsichtig und kuschle mich damit auf die Couch. Zur Beruhigung kaue ich ein wenig darauf herum, aber als besonders stabil erweist sich das Ding nicht. Nachdem es in seine Einzelteile zerfallen ist, lass ich es liegen und springe lieber mal auf das Fensterbrett. Vielleicht kommt der Mensch ja heute früher nach Hause.
Ich bekomme Hunger und mache mich auf den Weg in die Küche. Aus dem Mülleimer, den ich manchmal mit meinem Futternapf verwechsle, duftet es verführerisch. Ich bin gegen Lebensmittelverschwendung, deshalb gehe ich mal gucken. Gekonnt ziehe ich den Beutel heraus und rüber ins Wohnzimmer auf den flauschigen, neuen Teppich. Es ist angerichtet! Ich stopfe mit mit diversen Leckereien voll und falle hinterher in einen Verdauungsschlaf.
Dieser wird jedoch bald unterbrochen, durch ein lautes Grummeln in der Bauchregion. Oh, oh! Ich laufe zu meiner Leine, obwohl ich weiß, dass niemand da ist, der mich zur Toilette bringen kann. Kurzentschlossen versuche ich, die Wohnungstür selbst aufzumachen. Ich bin ein guter Hund und möchte nicht ins Haus machen. Mein Mensch hat abgeschlossen, stelle ich nach etlichen Versuchen, die Türklinke mit den Pfoten herunter zu drücken, fest. Doch nichts hilft und langsam wird es kritisch. Ich jaule leise vor mich hin, während ich krampfhaft überlege, wo der Haufen am wenigsten stören würde.
Als es gar nicht mehr geht, stürme ich ins Badezimmer. Da ist sonst hundefreie Zone, deshalb wird es wenigstens mich nicht so doll stören. Außerdem sind da Fliesen, die können die Menschen leichter sauber machen. Ich stürme ins Bad und drehe mich während der Vollbremsung leicht. Da kann ich es nicht mehr halten. Den Rest überlasse ich deiner Fantasie…
Irgendwann kommt endlich mein Mensch nach Hause. Ich weiß, dass es Ärger wegen der Sauerei im Bad gibt, also lege ich mein betroffenes Unschulds-Gesicht auf. Über die Reste meines Festmahls scheint er auch verärgert zu sein. Wahrscheinlich ist er sauer, dass ich ihm nichts übrig gelassen habe. Beim Anblick des Badezimmers sehe ich die Resignation des Menschen. Er dreht sich um, schnappt sich die Leine und endlich geht´s raus!
Das Wetter ist ekelhaft, deshalb versuche ich so schnell wie möglich, mein Geschäft zu verrichten. Es drückt nämlich schon wieder ganz gewaltig. Das Blumenbeet, an das der dumme Spike immer pinkelt, scheint dafür genau richtig. Ich kann Spike nicht leiden. Der markiert praktisch direkt vor meiner Haustür, dabei ist das mein Revier! Heute gibt es die perfekte Antwort an ihn und ich setze einen dünnflüssigen Haufen direkt drüber.
Mein Mensch scheint genervt und zerrt mich weiter, noch bevor ich richtig fertig bin. Ich wollte eigentlich gleich wieder rein und ab auf das gemütliche Sofa, aber ich werde durch Sturm und Regen weiter gezerrt. Also lese ich zwischendurch Zeitung. Dann taucht auch noch Spike auf, dem ich gleich mal ordentlich die Meinung geige. Mein Mensch zerrt mich entnervt wieder Richtung Zuhause. So klappt das also, gleich wieder was gelernt.
Kurz bevor wir zu Hause ankommen, gibt es doch noch ein Quäntchen Glück für mich. Ein herrlich duftender Fleck, dessen Ursprung selbst ich nicht eindeutig definieren kann lädt dazu ein, sich genüsslich darin zu wälzen. Warum mein Mensch so sauer reagiert, werde ich wohl nie verstehen.
View Comments
Ja, ich musste nicht nur schmunzeln sonder auch gleich laut lachen :D Du hast meinen Tag gerettet :D Aus der Sicht des Hundes war für mich sehr lehrreich :D
Die Erklärung der beiden Sichtweisen ist je genial. Besonders wie der Hund den Tag aus seiner Sicht gesehen hat, ist sehr treffend und unterhaltsam geschrieben.