Beeindruckend und sicherlich auch richtungsweisend war für mich der erste Besuch, den wir bekamen, als Freya gerade mal ein paar Tage bei uns war. Es handelte sich um einen Bekannten, der eigentlich bei uns fast immer ein und aus gegangen ist. Erste Risse bekam diese Freundschaft, als wir ihm freudestrahlend eröffneten, dass wir einen zweiten Hund bekommen. Ich weiß nicht, warum, aber er war dagegen und hielt es für eine schlechte Idee. Besonders nachdem wir ihm die Rasse (Cane Corso) mitgeteilt hatten und er sich im Internet „schlau gemacht“ hatte.
Wochenlang hatte ich Diskussionen mit ihm und versuchte, ihm klar zu machen, dass es keine Rasse namens „Kampfhund“ gibt. Die Tatsache, dass der Cane Corso in ein paar Bundesländern auf der sogenannten Rasseliste steht (nicht jedoch in Schleswig-Holstein, wo wir zu dem Zeitpunkt gewohnt haben), wog schwerer als meine jahrelange Erfahrung mit Hunden. Er hatte seine Vorurteile und die ließen sich auch nicht aus dem Weg räumen.
Als er dann das erste Mal zu Besuch kam, war Freya gerade mal eine Woche bei uns. Besagter Besuch gab seine Prophezeiung Treibstoff, indem er noch seinen Motorradhelm auf hatte, als er das Haus betrat. Mit heruntergeklapptem Visier!
Dass der unförmige Mensch mit dem unnatürlich großen Kopf und den reflektierenden Riesenaugen der kleinen Püppi nicht geheuer war, ist ja wohl verständlich. Da reagierte sogar Murdoch mit Argwohn, obwohl er unseren Freund bereits seit Jahren kannte. Und Freyas aufkeimender Beschützerinstinkt tat sein übriges, dass die beiden natürlich erst einmal aneinander gerieten. Sie knurrte unseren Freund an, der sich daraufhin (immer noch mit Helm bekleidet) zu ihr herunterbeugte und sie streicheln wollte. Dabei merkte man aber ganz deutlich an seiner Körpersprache, dass er dem Hund nicht über den Weg traute.
Weil wir an dem Abend mit ein paar Freunden grillen wollten, war ich dann lange in der Küche beschäftigt, während der Besuch sich im Garten amüsierte. Besagter Freund hatte mittlerweile seinen Helm (auf mein Anraten hin) abgenommen, also war auch Püppi etwas entspannter. Dennoch suchte sie meine Nähe und verzog sich ins Körbchen in der Küche, während ich Salate und Saucen vorbereitete.
Während Püppi also die Eindrücke des Tages und der vielen Besucher friedlich schnarchend im Körbchen verarbeitete, kam unser Freund rein, beugte sich über das Körbchen und begann, Püppi zu streicheln. Sie quittierte das mit argwöhnischen Blicken, einer abwehrenden Haltung und als das alles nichts half, knurrte sie ihn leise an. An diesem Abend wurde so gut wie jeder männliche Besucher von ihr mindestens einmal angeknurrt und die meisten hielten sich an meine Empfehlung, den Hund einfach in Ruhe zu lassen und zu warten, bis sie auf sie zu geht.
Besagter Motorradfreund ignorierte Freyas Warnsignale jedoch konsequent und verwickelte mich in ein Gespräch, das wir in den vergangenen Wochen schon mehrfach geführt hatten. Mich frustrierte, dass wir uns nur im Kreis drehten, aber nicht wirklich weiter kamen. Meine Bitte, den Hund nicht anzufassen und sich vor allem nicht über sie zu beugen, ignorierte er. Natürlich knurrte Freya weiter. Ich war bemüht, Frieden zwischen den beiden zu schaffen, aber das geht natürlich nur, wenn beide Seiten sich respektvoll verhalten und die Kommunikation stimmt. Hiermit meine ich nicht, den Hund zuzulabern, sondern die Körpersprache. Und damit haben wir Menschen oft das größte Problem…
Als mir besagter Besuch dann mitteilte, dass er nicht mehr kommen würde, wenn ich es nicht innerhalb von sechs Monaten hinbekommen würde, dass der Hund ihn nicht mehr anknurrt, habe ich kurzen Prozess gemacht. Ich schlug ihm vor, dass wir einfach mal zusammen Gassi gehen, damit die beiden sich besser kennen lernen können. Bis dahin würde ich es nicht gut finden, wenn er uns weiter besuchen würde. Aus diesem Spaziergang ist leider nie etwas geworden… Mittlerweile sind wir ja dann auch umgezogen. Manchmal sind Meinungen einfach so fest, dass sie sich selbst durch Tatsachen nicht aus dem Weg räumen lassen. Schade eigentlich…