Wenn man über Aggressionen im Hundereich spricht, stehen dabei meist die Vierbeiner im Fokus. Aber man findet auch ganz andere aggressive Problemfälle – nämlich viele Hundehalter selbst. Sicher kennt jeder den einen Menschen auf der Hundewiese, der wirklich zu jedem Thema seinen Senf dazu gibt und alles besser weiß. Hier 3 Aggressionsprobleme, die man bei Hundehaltern besonders oft antrifft.
Der heutige Beitrag ist ein bißchen dazu bestimmt, sich an die eigene Nase zu fassen. Und damit meine ich meine eigene und die von jedem, der diesen Beitrag liest.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich neige dazu, anderen meine Meinung zu sagen. Besonders wenn es um Hunde geht. Da ich mich ja nun mal den ganzen Tag mit Hunden beschäftige und mir dazu Gedanken mache, hab ich natürlich auch zu fast jedem Thema eine Meinung. Wenn mir jemand von Problemen mit seinem Hund erzählt, versuche ich automatisch, mit einem Lösungsvorschlag zu kommen. Ich stelle 1000 Fragen und will mir den Hund am besten gleich mal angucken.
Ich bin mir sicher, wir alle tun es: Ungefragt unsere Meinung zu Themen geben, die uns begeistern oder faszinieren. Die einen sind da nachdrücklicher, die anderen etwas verhaltener. Aber wenn du mit deinem Hund viel unterwegs bist und andere Hunde mit ihren Haltern triffst, dann weißt du genau, worüber ich in diesem Blog spreche.
Es sind die Hundehalter, die sich selbst als Experten sehen und alle anderen als ahnungslose Wichte, die dringend darüber informiert werden müssen, wie man bestimmte Dinge in der Hundewelt angeht. Und für diese Hundeexperten gibt es meist nur eine einzige richtige Herangehensweise, die sie allen anderen aufdrücken wollen.
Es ist ein bißchen wie mit Religionen. Da gibt es auch oft Fanatiker, die alle anprangern, die ihre Meinung nicht teilen. Fast so, als würde die Existenz von Gott (alternativ Allah oder wie sie auch sonst noch heißen) davon abhängen, ob alle dran glauben. Da gibt es diese Extremfälle, die so vehement argumentieren, als müssten sie sich selbst überzeugen. Das gibt es auch in der Hundewelt und nicht zu knapp.
Schauen wir uns zuerst einmal die gängigste Form der Aggressionen bei Hundehaltern an. Meine Favoriten sind die aus der Kategorie „Der will nur spielen!“, „Die regeln das unter sich“ oder „Hunde sollten sich immer ohne Leine begegnen“.
Es gibt sie da draußen! Die Hundeexperten, die deinen Hund besser kennen als du selbst! Leider haben sie aber oft für ihren eigenen Hund kein geübtes Auge und können Situationen manchmal nicht richtig einschätzen. Natürlich würden sie das nie zugeben!
So entgeht ihnen zum Beispiel der fixierende Blick und die geduckte Körperhaltung, mit denen sich ihr eigener Hund deinem nähert. Sie sind sich auch nicht darüber bewusst, dass es einen Grund haben könnte, warum dein Hund an der Leine ist. Dinge wie fehlende Bindung (weil er vielleicht noch nicht so lange bei dir ist), soziale Unsicherheit (häufig bei Tierschutz-Hunden aus dem Ausland) oder eine gerade überstandene Operation existieren in ihrer Welt nicht. Sie versuchen lieber, dich mit ihrem veralteten Halbwissen zu überschütten, ungeachtet der Tatsache, dass dein Hund vielleicht ganz anders ist als deren Hunde.
Auch wenn man mit zwei oder mehr Hunden unterwegs ist, ist den Hundeexperten oft nicht bewusst, dass in einem Hunderudel andere Voraussetzungen herrschen, als wenn man nur einen Hund dabei hat. Ich sehe das immer wieder bei Murdoch und Freya. Wenn die beiden ohne Leine unterwegs sind und uns begegnet ein anderer Hund, der sich unsicher oder zu dominant zeigt, dann geht es auch gern mal als Tag-Team gemeinsam auf ihn los. Bei meinen beiden ohne Aggression, aber doch sehr intensiv. Zwei gegen einen fand ich schon immer unfair. Deshalb lasse ich in solchen Situationen meist erst mal nur einen laufen. Das bedeutet nicht, dass der andere nicht hin darf oder gar aggressiv ist und man Angst um seinen Hund haben muss. Diese Vorgehensweise nimmt nur sehr viel Geschwindigkeit aus dem Zusammentreffen und setzt den anderen Hund nicht so unter Druck. Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht und ehrlich gesagt keine Lust, mich deswegen rechtfertigen zu müssen.
Aber wenn die Experten es so wollen, dann lasse ich beim nächsten Mal gern beide gleichzeitig auf den anderen Hund zustürmen. Gar kein Problem! Höchstens vielleicht für den Hund, der uns da alleine gegenüber tritt und offensichtlich von Herrchen oder Frauchen keine Unterstützung erwarten kann, denn „die regeln das ja unter sich“.
Futteraggressionen unter Hundehaltern findet man oft in der Gruppe der BARFer. Die überzeugten Verfechter der Rohfütterung versuchen gern, alles und jeden von ihrer Art der Fütterung zu überzeugen. Solltest du dich versehentlich outen, dass du deinem Hund Trockenfutter zu fressen gibst, dann geh am besten schnell in Deckung.
Sie ziehen für die Untermauerung ihrer These wissenschaftliche Studien zum Fressverhalten von Wölfen heran. Diese würden ja auch keinen Sack mit Trockenfutter in der Ecke stehen haben. Das ist natürlich richtig! Wölfe reißen Beutetiere und fressen sie dann. Samt Mageninhalt, was oft Beeren, Kräuter und andere pflanzliche Bestandteile sind. Deshalb gleicht die Futterzubereitung der BARFer oft einer wahren Hexenküche, in der neben dem rohen Fleisch (oder stinkendem Blättermagen) alle möglichen Bestandteile zusammen gemixt werden, um eine möglichst ausgewogene Ernährung zu gewährleisten.
Versteh mich nicht falsch, auch ich finde die Rohfütterung super. Den Hunden schmeckt es und wenn man sich damit beschäftigt bzw. sich ordentlich beraten lässt, kann man seinen Hund wesentlich gesünder ernähren, als mit herkömmlichem Trockenfutter aus dem Supermarkt. In dem sind meist verschiedene Getreidesorten der Hauptbestandteil der Nahrung. Auch das Mysterium tierische Nebenerzeugnisse hat man beim BARFen eher selten. Wer würde schon Dinge wie Federn, Krallen oder Knochenmehl unter einen Weizenbrei rühren?
Dennoch muss ich zugeben, dass es heutzutage viele Trockenfutter-Varianten gibt, die dem Konzept der artgerechten Ernährung sehr nahe kommen. Gerade, wenn man mit dem Hund viel unterwegs ist, macht es keinen Sinn, tonnenweise gefrorenen Pansen mit sich rum zu schleppen. Ich persönlich greife daher auch gern mal auf halbfeuchtes Trockenfutter zurück, natürlich nur in guter Qualität und mit ordentlich Fleischanteil. Denn auch wenn sich evolutionär bedingt, das Verdauungssystem der Hunde unseren menschlichen Essgewohnheiten angeglichen haben mag, Hunde sind nun mal Carnivoren, also Fleischfresser.
Von billigen Sattmachern wie Weizen, Reis oder anderen Getreidesorten halte auch ich wenig. Dennoch ist BARF nicht für jeden etwas. Manche können den Gestank von frischem Blättermagen einfach nicht ab oder haben aus anderen Gründen nicht die Möglichkeit, ihren Hund mit rohem Fleisch zu füttern. Wichtig ist, dass man sich Gedanken um die Fütterung macht. Das ist wie bei uns Menschen, wir sollten ja auch etwas genauer hinschauen, was wir da eigentlich zu uns nehmen.
Diese Form trifft man eigentlich weniger auf der Hundewiese oder beim Spaziergang. Territorial veranlagte Hundefachleute findet man bevorzugt in Foren oder auf Facebook. Diese Sorte versteckt sich gern in einem Busch und kläfft aus sicherer Entfernung wahllos alles an, was kurz vorbei kommt und eine Frage stellt.
Da wird dem Neuling im Forum mal eben erklärt, dass seine Art der Erziehung absolut unter aller Sau ist und der arme Hund wirklich bemitleidenswert ist. Das Futter, das man füttert, geht ja mal gar nicht. Damit schadet man seinem Hund ernsthaft. Und überhaupt kann man manchmal froh sein, dass einem nicht der Tierschutz auf den Hals gehetzt wird. Der allgemeine Umgangston in solchen Foren ist alles andere als freundlich.
Territoriale Aggression nenne ich es deshalb, weil das Territorium dieser Menschen meist ein bestimmtes Forum, eine Facebook-Gruppe oder eine Online Community ist. Sobald du mit deiner Frage kommst, ist das so, als würdest du mit dominantem Gehabe einen Baum im Territorium markieren. Und schon hast du die Wadenbeißer am Hacken.
Hast du schon mal bei Facebook eine dieser privaten Anzeigen gesehen, bei denen Leute ein neues Zuhause für ihre Hunde suchen? Die Threads unter solchen Beiträgen sind mitunter ganz unterhaltsam, denn was einem da begegnet, gleicht oft einer Soap Opera. Ohne die Hintergründe zu kennen, wird pauschal verurteilt. Man hätte sich vorher Gedanken darüber machen müssen, was es bedeutet, einen Hund zu haben. Nicht nur die ersten Monate mit dem kleinen Welpen zu genießen (und ihn dabei zu versauen) und wenn es schwierig wird, einfach abgeben.
Nun ist es ja so, dass Lebensumstände sich ändern können. Ich persönlich habe da vollstes Verständnis für. Es kann sein, dass ein Kind in die Familie kommt und man nicht mehr genug Zeit hat, sich ausreichend um seinen Hund zu kümmern. Oder jemand im Haushalt entwickelt plötzlich eine dieser fiesen Allergien gegen Hundehaare, kann aus beruflichen Gründen keinen Hund mehr halten, muss umziehen und findet keine Wohnung, in der Hunde erlaubt sind.
Das sind nur Beispiele, aber alles Gründe dafür, warum man sich vielleicht von seinem geliebten Fellbündel verabschieden muss. Ich habe selbst Erfahrungen damit gemacht, denn so hat die Püppi ihren Weg zu uns gefunden. Die Vorbesitzerin war einfach mit Job, Kind und Hund überfordert und ging damit ganz offen um. Es gehört eine Menge dazu, sich einzugestehen, dass es nicht geht und sich nach einer guten Lösung für den Hund umzuschauen. Verurteilende Kommentare helfen weder dem Menschen noch dem Hund.
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