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5 Weisheiten der Hundeerziehung, die eigentlich für die Tonne sind

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Es gibt sie immer noch da draußen: Weisheiten der Hundeerziehung, die sich trotz neuer Erkenntnisse des Sozialverhaltens von Hunden immer noch hartnäckig halten. Und das bereits seit den 70er Jahren oder sogar noch länger. Die meisten dieser Weisheiten haben mit deiner Stellung als Rudelführer zu tun. Aber wenn du sie anwendest, sind sie eher kontraproduktiv.

Es schockt mich regelmäßig zu hören, wie manche Leute ihre Stellung als Rudelführer gegenüber Hunden zu etablieren versuchen. Viele davon haben Probleme mit ihrem Hund. Sei es, dass er die Wohnung zerlegt, wenn er allein zu Hause ist, fremde Menschen auf der Straße anspringt oder sogar hinter Joggern und Radfahrern herjagd. Wenn ich dann am Rande erwähne, dass da wohl irgendwas unklar ist bei den Regeln im Rudel, werde ich oft mit großen Augen angeschaut und dann kommt mein Lieblingssatz: „Nein, dass ich der Rudelführer bin, ist dem Hund schon klar! Da gibt es keine Diskussion! Ich bin auch viel strenger mit ihm, als mein Partner. Also, ich bin der Chef, gar keine Frage!“

Aha…!

Ich muss ja zugeben, dass ich viele der Ansichten, die sich daraufhin im Detailgespräch ergeben, lange Zeit auch so gesehen habe. Nun ist es aber glücklicherweise so, dass weiter geforscht wird und sich Erziehungsansichten nun mal ändern. Wir werden in der Schule ja auch nicht mehr mit Rohrstöcken auf die Finger gehauen, wenn wir Unfug gemacht haben.

Deshalb ist es an der Zeit, auch mit überholten Erziehungsansichten aus dem Hundetraining aufzuräumen. Für mich persönlich haben da zwei Bücher entscheidende Denkanstöße geliefert, die ich hier am Rande kurz erwähnen will.

Ulv Philipper – DOG MANAGEMENT (*Affiliatelink)

Patricia B. McConnell – Das andere Ende der Leine (*Affiliatelink)

Doch kommen wir zu den, meiner Meinung nach, 5 schwachsinnigsten Erziehungsansichten für das Zusammenleben zwischen Mensch und Hund.

1. Mit dem Hund spielen - nur nach deinen Regeln

Gleich zwei angestaubte Ansichten zeigen sich, wenn es um das Spielen mit dem Hund geht. Zum einen sollst du deinen Hund das Spiel nicht beginnen lassen, d.h. in den Augen solcher Erziehungsexperten verlierst du sofort deinen Status als Rudelführer, wenn du einer Spielaufforderung deines Hundes nachgibst. Zum anderen heißt es, man darf den Hund nie gewinnen lassen.

Jetzt mal ehrlich: Wer hat schon Spaß an einem Spiel, bei dem er immer verliert? Und wer macht schon gern mit, wenn er keine Lust hat oder das Spiel plötzlich und ohne Grund abgebrochen werden kann?

Spielen ist Entspannung und fördert Kreativität, Humor und vor allem die Bindung! Das hat wenig damit zu tun, wer das Spiel beginnt, beendet oder im Kampf um das Tauspielzeug gewinnt. Richtige Rudelführer verstehen Spaß!

Beobachtet man zwei Hunde im Spiel, stellt man fest, dass diese sich in den Rollen des Gewinners und Verlierers abwechseln. Mal liegt der eine unten und wird attackiert, mal der andere. Auch bei Jagdspielen wechseln die Hunde die Rollen. Einer spielt Kaninchen, der andere Wolf und dann wieder umgekehrt. Voraussetzung dafür ist, dass beide Hunde gut sozialisiert sind und sich verstehen. Erinnere dich an die Hundewiese und wie die Vierbeiner dort im Idealfall miteinander umgehen.

Spiel ist Spaß und da dürfen beide Spielpartner auch mal unterschiedliche Rollen annehmen. Echten Rudelführern ist es egal, wer das Spiel begonnen hat und wer ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Lust mehr hat. Das Leben ist schon ernst genug, da kann man auch mal den anderen gewinnen lassen. Einem souveränen Rudelführer ist es nicht wichtig, jede einzelne Entscheidung zu treffen. Es reicht ihm, wenn er die wichtigen Entscheidungen trifft. Unabhängig davon kann er auch mal albern sein oder im Spiel verlieren.

Ständiger Spielabbruch oder nie gewinnen dürfen nehmen die Lust am Spielen. Nimm das Leben etwas leichter und tobe auch mal ausgelassen mit deiner Fellnase auf Hundeart. Hunde lieben souveräne Chefs, die auch mal Humor zeigen.

2. Den Hund nicht begrüßen, wenn man nach Hause kommt

Viele Menschen sind der Meinung, dass man den Hund nicht begrüßen sollte, wenn er allein zu Hause war und man wieder kommt. Hintergrund dafür ist, dass sich das ausgelassene Verhalten, z.B. Hochspringen dadurch verstärken soll. Andere wiederum behaupten, dass es Verlustängste des Hundes begünstigt. Am besten sollte man so tun, als wäre nichts geschehen und den Hund ignorieren, bis er sich beruhigt hat.

Nun habe ich, besonders mit Freya, auch das Problem, dass sie ungern alleine bleibt. Murdoch macht das weniger aus, weil er es seit frühester Welpenzeit gewohnt ist. Freya wurde in der Vergangenheit vielleicht zu lang allein gelassen oder sie hat es nicht ordentlich gelernt. Ich weiß es nicht, aber das ist für das Thema dieses Beitrags auch egal.

Allein gelassen zu werden bedeutet für die meisten Hunde extremen Stress. Es ist unnatürlich, denn ein Hunderudel bleibt eigentlich die meiste Zeit zusammen. Man hat selten Einzelgänger und wenn es dann doch so sein sollte, dass ein Mitglied des Rudels allein unterwegs war, sieht man bei der Rückkehr meist hingebungsvolle Begrüßungsrituale. Die rangniedrigeren Hunde springen dabei meist dem Heimkehrer entgegen, lecken ihm das Maul und man sieht, wie sehr sich alle freuen, wieder zusammen zu sein.

Der Stress, den ein Hund erlebt, wenn er allein bleiben soll, ist nicht zu unterschätzen. Wissenschaftlich hat man bewiesen, dass sich diese Stresshormone schneller abbauen, wenn du den Hund begrüßt, wenn du nach Hause kommst. Dein Hund versteht sonst nicht, warum du dich nicht auch freust, ihn wiederzusehen. Und wenn es dich als Rudelchef nicht interessiert, warum sollte dein Hund sich dann an dir orientieren?

3. Dein Hund muss dir immer Platz machen

Ich schätze mal, folgende Situation kennen wir alle: Der Hund liegt permanent im Weg! Am besten noch so nah wie möglich bei dir, so dass du fast über ihn fällst. Laut Hundeerziehungsbüchern aus dem letzten Jahrtausend macht ein Hund das, weil er entweder deine Aufmerksamkeit will oder es hat <strong>territoriale Hintergründe</strong>. Deshalb sollte man angeblich immer darauf bestehen, dass der Hund einem aus dem Weg geht und Platz macht.

Und nun beobachten wir zwei oder mehr Hunde in der Interaktion… Liegt irgendwo ein Hund schlafend im Weg, wird der andere grundsätzlich einen Bogen um ihn machen und ihn in Ruhe lassen. Das ist unabhängig vom Stand der Individuen im Rudel. Würde ein Hund den anderen nun wecken und verscheuchen, nur weil er einen höheren Rang hat, wäre das aus Hundesicht extrem unfreundlich. So unhöflich benimmt sich kein Rudelmitglied, besonders der Chef nicht.

Dir bricht kein Zacken aus der Krone, wenn du um deinen Hund herum läufstt und ihn weiter schlafen lässt. Natürlich gibt es auch Situationen, in denen du deinen Hund nicht im Weg liegen haben möchtest. Zum Beispiel, wenn das Haus voller Leute ist und jederzeit jemand über ihn fallen könnte. Oder wenn du beim Kochen oder Essen belagert wirst. Dann spricht nichts dagegen, ihn in sein Körbchen oder einen anderen ruhigen Ort zu schicken. Das geht aber auch freundlich.

4. Pfote oder Kopf auflegen ist ein Zeichen von Dominanz

Diese Theorie hält sich immer noch hart in den Köpfen. Doch wie in vielen Situationen gibt es auch hier verschiedene Gründe dafür, dass dein Hund seine Pfote oder seinen Kopf bei dir ablegt. Einer davon kann das Bedürfnis nach Nähe sein und das solltest du deinem Hund nach Möglichkeit nicht verwehren.

Sicher, wenn du gerade am Esstisch sitzt und dein Hund dir mit treuem Blick den Kopf auf den Oberschenkel legt, dann besteht meist kein Zweifel daran, dass dein Hund bettelt. Solch ein Verhalten solltest du natürlich nicht akzeptieren. In dem Fall ist es gut, ihn freundlich aber bestimmt wegzuschicken und so eine Grenze zu ziehen.

Passiert dasselbe aber, wenn du Abends gemütlich auf der Couch sitzt, dann will dein Hund wahrscheinlich nur eine Runde Kuscheln. Ihn dann wegzuschicken und dabei vielleicht auch noch verärgert zu wirken, kann eine echte Delle in eure Beziehung schlagen. Denn wenn dein Hund sich abgelehnt fühlt, kann es sehr störend für eure Beziehung sein. Passiert das zu oft, wird er irgendwann gar nicht mehr deine Nähe suchen, weil er ja weiß, dass du das nicht magst. Auf der anderen Seite wird er wahrscheinlich auch damit anfangen, dich hin und wieder zu ignorieren.

Schaue also immer zuerst auf die Situation, bevor du deinen Hund weg schickst.

5. Ignoriere die Angst deines Hundes

Ich muss zugeben, auf diesen Glaubenssatz bin ich auch herein gefallen und habe es jahrelang falsch gemacht. Das tut mir heute noch leid, aber man kann nun mal die Zeit nicht zurück drehen. Man kann nur lernen und Dinge anders machen.

Die Theorie besagt, dass man seinen Hund ignorieren soll, wenn dieser Angst vor einer Situation hat. Wenn du beruhigend auf deinen Hund einredest, kannst du ihm die falsche Message senden und damit die Angst noch verstärken. Schwachsinn! Wichtig ist, wie du reagierst!

Hat dein Hund beim Spaziergang Angst vor einem Objekt, wirst du ihm diese Angst nicht nehmen, indem du die Situation ignorierst. Besser ist es, ihm als kompetenter Rudelchef zu zeigen, dass er keine Angst haben muss. Gehe mit ihm an das Objekt heran und lasse ihn schnuppern, damit er sich selbst davon überzeugen kann, dass es harmlos ist.

Eins der besten Beispiele für solch eine Ignorieren-Situation, in der du unbedingt tätig werden musst, ist die Hundewiese in Verbindung mit dem Kommentar „Die regeln das unter sich!“. Mir persönlich stellen sich jedes Mal die Nackenhaare auf, wenn ich diesen Satz höre. In dieser Situation sucht oft ein noch relativ junger Hund Schutz zwischen den Beinen seines Menschen, der jedoch dezent einen Schritt zur Seite geht und dem Raufbold der Hundewiese den Weg frei macht. Der eigene Hund soll sich dann selbst behaupten, obwohl er mit der Situation offensichtlich überfordert ist.

Wenn du gar nicht reagierst, fühlt dein Hund sich mit seiner Angst allein gelassen und wird noch gestresster. Dann muss dein Hund eine eigene Idee entwickeln, wie er mit der vermeintlichen Bedrohung umgehen kann. Bei den meisten Angsthasen ist das die Flucht nach vorne, d.h. er reagiert aggressiv und beißt womöglich sogar zu.

Als Rudelchef bist du der Fels in der Brandung für deinen Hund. Übernimmst du diese Verantwortung und stehst deinem Hund bei, dann wirst du in seinen Augen noch heldenhafter. Eben ein echter Rudelchef, auf den man sich verlassen kann und der auch für schwierige oder bedrohliche Situationen immer eine Antwort hat.

Franziska

View Comments

  • Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Es gibt wirklich viele Erziehungstipps die für die Tonne sind. Ich sehe im Internet nur immer ein ganz großes Problem, speziell für Neulinge, die sich einen Hund anschaffen möchten. Es gibt einfach zu viele verschiedene Meinungen. Man weiß nicht welche Tipps man befolgen soll.

    • Hi Katja,
      danke für dein Feedback. Da hast du Recht, es ist alles viel zu verwirrend, was da im Internet geschrieben steht. Es ist aber auch nicht immer leicht, so individuelle Beziehungen wie zwischen Mensch und Hund in kurze Sätze zu fassen. Da kommt es doch eher auf die Persönlichkeiten an, die man vor sich hat. Ich bin deshalb ein großer Fan vom Bauchgefühl und bin damit bisher ganz gut gefahren. Aber als Anfänger kann man schon schnell verunsichert sein, da gebe ich dir absolut Recht. :)
      LG Franziska & das Lieblingsrudel

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